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An die Geigen

Jede zweite Grundschule im Kreis Meißen nutzt das Musikprojekt „Jedem Kind ein Instrument“.

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Von Ines Scholze-Luft

Thomas Damme lässt die Kinder mit ihren Instrumenten nicht aus den Augen. Der Radeburger Grundschulleiter nickt lächelnd, als die kleinen Musikanten die ersten Töne eines englischen Kinderliedes anstimmen. Klingt doch schon ganz gut, was Emma, Christina, Anne, Marie, Alina und Nico da zum Besten geben.

Die Zweit- und Drittklässler, die an diesem Nachmittag gemeinsam üben, verdanken ihr Können auf Geige und Cello dem eigenen Fleiß und einer Initiative der Musikschule des Landkreises Meißen. „Jedem Kind ein Instrument“ – Jeki – heißt das Projekt. Die Musikschule hat es 2006 ins Leben gerufen. Mit so großem Erfolg, dass das Land Sachsen drei Jahre später diese Initiative übernahm. Vor Kurzem beschloss der Landtag, das Projekt weiterzuentwickeln. Mit 425 000 Euro Unterstützung jährlich, 75 000 Euro mehr als bisher.

Davon profitiert im Altkreis Meißen nur die Questenberg-Grundschule. Denn im gesamten Landkreis gibt es zwei Varianten des Jeki-Projektes. Die der Meißner Musikschule mit insgesamt 15 Schulen. Und die Sachsen-Variante, an der neben der Questenbergschule sechs weitere Grundschulen im Altkreis Riesa-Großenhain teilnehmen. Damit erreicht Jeki etwa die Hälfte aller Grundschulen im Kreis. Pädagogisch-künstlerisch unterscheiden sich die Projekte nicht, sagt Kristin Haas, amtierende Leiterin der Musikschule des Landkreises Meißen. Doch die Bezahlmodelle sind verschieden. Während das Sachsen-Jeki kostenlos ist, sind beim Landkreis-Jeki sechs Euro pro Kind und Monat fällig. Aus den Gebühren finanziert sich das Projekt. Eltern, die sich das nicht leisten können, erhalten auf Antrag Hilfe. Außerdem ist die Teilnahme beim Landkreis-Jeki freiwillig. Die Sachsen-Variante betrifft alle Kinder – ein Grund, weshalb Schulen sie wählen.

Ohne gute Zusammenarbeit mit der Musikschule funktioniert aber weder die eine noch die andere Variante. In Radeburg und Meißen gehören die Musikschullehrerinnen sozusagen schon zum Schulteam. Wie Elke Voigt, die Radeburger Außenstellenleiterin. Sie ist für die Kinder Ansprechpartner wie jeder andere Lehrer. Und sie wird akzeptiert, auch wenn sie mal für Ruhe und Ordnung im Schulhaus sorgt.

Jetzt aber steht sie vor fünf erwartungsvollen Musikanten, die unbedingt noch einmal den englischen Tanz spielen wollen. Ein richtiger Orchestertitel. Mit ihren Kollegen hat Elke Voigt die Stimmen dazu entwickelt. Beim Jeki-Konzert am 1. Juni soll er erklingen. Nun greift die Lehrerin selbst zur Geige und gibt den Rhythmus an. „Lächeln“, ruft sie den ganz auf ihr Spiel Konzentrierten zu. Gleich entspannen sich die Gesichtszüge. Auch das will gelernt sein. Wie die Abstimmung im Grundschul-Orchester. Das gibt es seit 2008. Und es ist nicht das einzige. Die Großen spielen im Kammerorchester. Die Klangkörper zeigen: Es gibt eine Zeit nach Jeki. Denn das Projekt dauert nur zwei Jahre. Im ersten Schuljahr lernen die Kinder alle Instrumente kennen, im zweiten entscheiden sie sich für eines und werden darauf im besten Fall später in der Musikschule immer besser.

Die Radeburger Grundschule zählt zu den Jeki-Schrittmachern im Landkreis. Was mit Schlagzeug, Geige, Blockflöte und Klavier begann, ist jetzt auf neun Instrumentarten gewachsen. Eine Lehrerin für Cello soll 2014 dazukommen, plus eine für Klarinette, sagt Elke Voigt. Schulleiter Thomas Damme kann sich ein noch größeres Orchester vorstellen, wo noch mehr ehemalige Jeki-Kinder mitspielen. Das ist nicht zuletzt bei vielen Schulveranstaltungen von Nutzen.

70 bis 80 Prozent der Radeburger Schulanfänger entscheiden sich für Jeki. Zurzeit sind es ein paar weniger. Etwa zwei Drittel lernen als Drittklässler in der Musikschule weiter. Doch auch die, die nicht weitermachen, haben durch Jeki gewonnen. Selbstbewusstsein, die Achtung vor einem, der ein Instrument spielt, das Gefühl für Takt und Rhythmus, die Freude an der Musik. Davon konnte sich der Schulleiter in all den Jahren immer wieder überzeugen.

Auf solche Effekte hofft auch die Meißner Schulleiterin Romy Krawczyk. Ihre Questenberg-Grundschule ist seit 2012 beim Sachsen-Jeki dabei. Wie in Radeburg wurden die Eltern rechtzeitig darüber informiert. Zurzeit wird an einem Schulprogramm gearbeitet, das musisch-künstlerisch ausgerichtet ist. Die Kinder lernen besser, wenn sie singen, malen und gestalten, sagt Romy Krawczyk. Und ist sich sicher: Da passt Jeki wunderbar dazu.

Die Musikschule wird in den Unterrichtsalltag integriert. Schon seit 2011 beschäftigen sich alle Erstklässler mit einem Instrument. Die jetzigen zweiten Klassen mit dem Xylofon. Die ersten mit der Flöte – über die gesamte Grundschulzeit. Der Elternrat unterstützt das Projekt auf seine Weise. Die Vorsitzende Sandra Bohrig hat sich als Cellospielerin eingebracht. Ihr Stellvertreter Holger Metzig spendete der Schule ein Klavier. Zum Elternabend am 29. Mai wollen die Erstklässler dann zeigen, was sie schon drauf haben.