Morgen ist der 1. April. Obwohl die aktuellen Corona-Zeiten kaum für Aprilscherze taugen, etwas Humor sollte man sich dennoch bewahren. Hilfreich kann das Blättern in alten Ausgaben der Sächsischen Zeitung Löbau und Zittau mit dem Erscheinungsdatum 1. April sein, wobei auffällt, dass sich die Zeitungsscherze in bestimmte Gruppen einteilen lassen.
Anknüpfung an Aktuelles
Wie oft ist schon über die Zittauer Mandaukaserne geschrieben worden. Am 1. April 2019 präsentierte die SZ die Lösung: Das Gebäude soll künftig wieder militärischen Zwecken dienen. 2.000 Soldaten des 102er Panzerregiments der Bundeswehr könnten hier stationiert werden. Allerdings reiche die derzeitige Fläche nicht, das Hauptgebäude müsse in gespiegelter Form ein zweites Mal errichtet werden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer habe nicht von ungefähr betont, neue Bundeswehrstandorte vorrangig in den neuen Ländern einzurichten.
„Toter Wolf am Kammloch gefunden“ titelte die „Zittauer Zeitung“ am 1. April 2011. Bei Oybin sei das Tier offenbar vor ein Fahrzeug gelaufen. Vor neun Jahren war diese Meldung, übrigens illustriert mit einem toten Wolf auf der B 156, noch relativ leicht als Ente durchschaubar. Heute hätte sie wegen der gewachsenen Wolfsverbreitung als Aprilscherz keine Chancen. Bezug auf Wahrzeichen
Schon wieder Baumängel am Gusseisernen Turm in Löbau! Diese Schreckensnachricht wurde den Lesern am 1. April 2003 präsentiert. Dabei war der Turm erst in den 1990er Jahren komplett zerlegt und neu montiert worden. Und nun lag dem Rathaus ein Gutachten vor, das dem Bauwerk allein im letzten Jahr eine Neigung um 1,04 Meter nach Osten bescheinigte! Da bliebe nur der Abriss, dem der OB zustimmen werde. Wenngleich bei diesem Scherz sehr dick aufgetragen wurde – ganz aus der Luft gegriffen war das Szenario nicht: Sanierungsfehler hatten Anfang der 90er Jahre zur Bildung feiner Risse geführt. Mit der damaligen Baufirma befand sich die Stadt Löbau im Rechtsstreit.
Die Zittauer Schmalspurbahn ist ein touristisches Markenzeichen. Doch am 1. April 2005 war es um die Urlauberattraktion geschehen. Der Kronprinz von Dubai werde sie kaufen und auf einer künstlichen Insel wieder aufbauen, bestätigte das Landratsamt. Die Anliegergemeinden der Bahn stünden dem „äußerst positiv“ gegenüber. Auf einem Foto winkte dazu ein Scheich freudig aus dem Führerstand einer Dampflok – eine Fotomontage.
Visionen ansprechen
Am 1. April 1987 dachte die SZ Löbau an die bevorstehende Badesaison. Da ein großer Badesee in der Oberlausitz ein Traum vieler Wasserratten war, bedienten die Journalisten diese Vision, zumal an die Seen in Olbersdorf und Berzdorf noch nicht zu denken war. „Heute erfolgt die Grundsteinlegung für den Cunewalder Stausee. Mit seiner Fertigstellung 1990 kann der gesamte Fischbedarf unseres Kreises gedeckt werden. Selbst Dampferfahrten zwischen Czorneboh und Bieleboh sind dann möglich“, wurde informiert. Wohngebäude würden von der Wasserfläche nicht betroffen. „Manches Umgebindehaus steht dann nicht mehr am Berge, sondern auch am See.“ An der Straße nach Beiersdorf sei der größte Hotel- und Gaststättenkomplex Ostsachsen mit dem Interhotel „Seeblick“ geplant. Bereits am 2. April folgte die Ernüchterung: „Die Grundsteinlegung wird auf den 1. April der folgenden Jahre verlegt.“
Lokalpatriotismus bedienen
Am 1. April 2019 dürfte sich in und um Bernstadt bei der Zeitungslektüre mancher die Augen nicht gerieben haben: Der Erdachsenbrunnen muss verlegt werden. Im Zuge der Umgestaltung des Marktes, vor allem mit Blick auf die Verkehrssituation, sei das nötig, wurde der Bürgermeister zitiert. Man überlege, ob man das Bernstädter Wahrzeichen und damit auch die Erdachse nach Altbernsdorf verlege oder den Brunnen in den Kulturpark Kemnitz umsetzte. Waren da die Redakteure zu weit gegangen? Mitnichten. Dieser Aprilscherz war der Stadtverwaltung selbst eingefallen, sie hatte ihn zuvor bereits im Ortsblatt veröffentlicht. In diese Kategorie passt auch die Idee vom Verkauf eines Ortsnamens aus kommunaler Finanznot. Allerdings wurde sie schon vor 90 Jahren geboren, in der Redaktionsstube der „Oberlausitzer Dorfzeitung“ Neugersdorf. Das Blatt schrieb am 1. April 1930: „Nach langen schweren Kämpfen hat nunmehr Eibau dem Drängen der Stadt Neugersdorf nachgegeben und wird alsbald seinem guten alten Namen an Neugersdorf verkaufen, milder gesagt mit Neugersdorf tauschen. Seitdem letzterem der städtische Charakter zuerkannt worden war, bestand bei den überaus meisten Neugersdorfern Widerwille gegen den dörflichen Klang des Stadtnamens. Man kam folgerichtig darauf, dass zu den Städten Zittau und Löbau der Stadtname Eibau besser passe als Neugersdorf. Auch Bautzen hat schließlich ein ,au‘ im Namen.“
Glaubwürdigkeit durch Fototricks
Manipulationen von Fotos waren oft Mittel, den fehlenden Wahrheitsgehalt der Aprilscherze zu kaschieren. Neben Fotomontagen funktionierte das auch mit seitenverkehrten Bildern. Damit ließ sich am 1. April 1976 dem Leser suggerieren, dass sich die Bockwindmühle Kottmarsdorf (damals noch ein unbewegliches technisches Denkmal) wieder wie früher um ihre eigene Achse in den Wind drehen ließ. Die gekonterte Aufnahme vermittelte den Eindruck, die Mühle habe sich bewegt.
Auch eine ungewöhnliche Aufnahmeperspektive ermöglicht ungeahnte Bildaussagen. Am 1. April 1986 senkte sich angeblich der Berg Oybin plötzlich bedrohlich ab. Also müsse man den Fels abstützen. Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, baue man in das Mauerwerk eine Gaststätte ein. Die Bauarbeiter, die seinerzeit das Ferienheim mit öffentlicher Gaststätte („Oybiner Hof“) errichteten, dürften von ihrer wichtigen Mission erst aus der SZ erfahren haben.
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Nach dieser Aprilscherz-Rückschau darf man sich getrost auf weitere an ein einziges Datum gebundene Schwindel in der SZ freuen. Und sollte morgen keine fantasievolle Irreführung erscheinen, trösten sie sich mit einer Volksweisheit: „Wer sich nur einmal im Jahr zu einem Scherz aufrafft, ist kein Witzbold.“