Von Matthias Weigel
Er will sich daran messen lassen, sagt Stephan Härtel. Der neue Beauftragte für Migration und Integration im Landratsamt will bis Jahresende mindestens einhundert Asylbewerbern eine Arbeit vermittelt haben. Das wird kein einfacher Job. Denn die Hürden sind groß. Doch für Härtel hat eine feste Arbeit den allergrößten Stellenwert im Integrationsprozess.
Die Situation: Nur ein Bruchteilder Asylbewerber hat einen Job
Von den aktuell im Landkreis lebenden 1 209 Asylbewerbern haben bislang 45 einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Arbeiten dürfen Asylbewerber prinzipiell erst nach drei Monaten Aufenthalt – vor Kurzem waren es noch neun. Dann gilt eine Vorrangprüfung. Erst wenn kein Deutscher, EU-Bürger oder Asylbewerber mit besserem Status für eine Stelle infrage kommt, kann sie vergeben werden. Diese Prüfung entfällt nach 15 Monaten. Asylbewerber dürfen aber nicht als billige Arbeitskräfte zu Dumpinglöhnen eingestellt werden. Der Verdienst wird mit Sozialleistungen verrechnet.
Aktuell erfassen die Flüchtlingssozialarbeiter der Caritas im Landkreis die Daten der Asylbewerber auf einem mit der Bundesagentur für Arbeit erarbeiteten Formular. Ab Oktober soll das bereits bei der Erstaufnahme vom Freistaat passieren.
Die Probleme: Behörden und Unternehmen sind schlecht vernetzt
Es ist ein Mosaik mit vielen Teilen: Anerkennung von Abschlüssen, Fertigkeitsprüfungen, Deutschkenntnisse, soziale Kompetenzen. Knackpunkt ist aber vor allem die Vermittlung. Die Behörden dürfen sich zwar austauschen. Wegen des Datenschutzes geht das aber beispielsweise nicht mit privaten Vermittlern. „Ich weiß doch aber gar nicht, wo die Firmen letztlich ihren Bedarf anmelden“, sagt Härtel.
Zwar hätte auch die Agentur Angebote. Doch die Privaten seien oft noch näher dran, arbeiteten zielgerichteter. Diese Probleme, wie Profile und Angebote besser zusammenfinden, sollen mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur intensiv erörtert werden. Denn Nachfragen, sowohl von Firmen als auch Asylbewerbern, kenne er zuhauf. Allein kämen sie nicht zusammen. „Das müssen wir irgendwie lösen, um erfolgreicher zu sein. Und immerhin reden wir perspektivisch über ein System mit 3 000 und mehr Asylbewerbern im Kreis, das funktionieren muss“, sagt Härtel, der früher selbst als Marketingleiter in einer Zeitarbeitsagentur gearbeitet hat.
Zeitarbeit sei für Asylbewerber tabu – erst nach Jahren Arbeit im ersten Arbeitsmarkt könne man das machen. „In Pirna zum Beispiel hätte ich 70 Stellen sofort über die Zeitarbeit, und das dringend. Aber als Behörde habe ich da keine Chance.“
Die Alternative: Aushilfsarbeitenfür 1,05 Euro die Stunde
Eine einfachere Möglichkeit der Beschäftigung ist der zweite Arbeitsmarkt. Hier wurde speziell für Asylbewerber eine gesetzliche Grundlage für Jobs zu 1,05 Euro je Stunde Aufwandsentschädigung geschaffen. Ähnlich den Ein-Euro-Jobs, sind das einfache Tätigkeiten, die im öffentlichen Interesse liegen und nicht mit regulären Jobs konkurrieren. Solche Jobs finden sich in der Regel bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern. Eine verlässliche Statistik, wie viele dort im Landkreis beschäftigt sind, gibt es nicht. Jedoch praktizieren die Möglichkeit bereits Kommunen wie Wilsdruff oder Bannewitz und beschäftigen Asylbewerber im Bauhof. Der Kreis selbst beschäftigt einen Asylbewerber als Helfer im Heim in Schmiedeberg.
Auch der Kreissportbund, andere Vereine und Organisationen und weitere Kommunen wollen solche Jobs einrichten. „Wir führen etliche Gespräche und haben auch die Bürgermeister speziell dazu informiert“, sagt Härtel. Er erhofft sich, dass in dem Feld noch mehr passiert, um möglichst vielen Asylbewerbern einen geregelten Alltag zu bescheren, damit sie den Arbeitsprozess nicht verlernen und sie nicht auf dumme Ideen kommen. „Das kann sie fit machen für den ersten Arbeitsmarkt und schafft auch Anerkennung in der Bevölkerung“, sagt Härtel. Zahlen muss die 1,05 Euro der Landkreis aus der Pauschale, die er vom Freistaat für die Asylbewerber bekommt – und die schon jetzt für Unterkunft, medizinische Versorgung und Verpflegungsgeld nicht ausreicht. Man sei daher froh, so Härtel, dass Kommunen das teilweise auch übernähmen.