Von Maik Brückner
Cunnersdorf. Bei diesem Wetter möchte wohl kaum einer seinen Arbeitsplatz mit Marco Löwe tauschen. Denn bei der Hitze macht das Dachdecken keinen richtigen Spaß. „Bei einer Lufttemperatur von 35 Grad können sich die schwarzen Schieferplatten schnell mal auf 100 Grad erhitzen“, sagt der Cunnersdorfer. Das ist selbst für einen Dachdecker mit Erfahrung nicht mehr auszuhalten. Dann heißt es: runter vorm Dach.
Die Hitze war allerdings nicht der Grund, weshalb seine Firma so lange gebraucht hat, um in Luchau ein Dach zu decken. Immer wieder sei er darauf angesprochen worden, sagt der 37-Jährige. Und in der Tat hat es lange gedauert. Das lag aber nicht an seiner Firma, sondern an den Vorgaben des Bauherrn, Udo Fischer. Der lässt direkt an der Ortsdurchfahrt ein Holzhaus errichten, das aus natürlich geschlagenen Stämmen besteht und bei dem nur Naturmaterialien verwendet werden. Und auch für das Bauen selbst galten Vorgaben. Löwes Leute durften nur bei abnehmendem Mond arbeiten. „Würden sich alle daran halten, würden die Häuser länger stehen“, sagt der Bauherr selbstsicher. Marco Löwe hat die Vorgabe akzeptiert, dem Bauherrn aber auch klar gemacht, dass die Arbeiten länger dauern werden. Der hat das in Kauf genommen. Deshalb wurde Löwes Firma erst dieser Tage fertig.
Ungewöhnliche Aufträge sind nicht selten
Mit ungewöhnlichen Aufträgen kennt sich Marco Löwe aus, der die Firma Dachdecker und Gerüstbau Löwe zusammen mit seinem älteren Bruder, dem 43-jährigen Rico Löwe, führt. Denn die Cunnersdorfer haben schon viele Häuser eingerüstet und mit einem neuen Dach versehen. Der Familienbetrieb, der im Juli sein 30-jähriges Bestehen feierte, übernahm Aufträge in Deutschland und Österreich. Löwes Dachdecker und Gerüstbauer waren in Stuttgart, Hamburg und München tätig. 2002 arbeiteten sie am Ständehaus in Dresden. Dort rüsteten sie eine Fläche von 12 000 Quadratmetern bis zu 58 Meter hoch ein. 2011 erhielt die Firma den Auftrag, das Dach des Kaufhauses Galeria-Kaufhof in Bonn mit 3 500 Quadratmeter Schiefer zu decken.
Auch zahlreiche Kirchendächer tragen inzwischen die Handschrift der Firma. Und auch in der Heimat hat der Familienbetrieb seine Spuren hinterlassen. Löwes Mitarbeiter deckten das Dach des Lange-Stammhauses in Glashütte, die beiden anderen Lange-Betriebsstätten, das Gesundheitszentrum Raupennest in Altenberg und das neue Gebäude der Uhrenfirma Grossmann ein. Die wohl anspruchsvollsten Aufträge erhielt die Firma aus Vorpommern. Dort deckten sie die Schlösser Litzow und Ralswieck neu.
„Auch heute bekommen wir Angebote aus ganz Deutschland“, sagt Marco Löwe. Doch inzwischen wählt die Firma mehr aus. Und das hat familiäre Gründe. Die beiden Geschäftsführer sind verheiratet, haben Kinder. „Unsere Frauen wollen nicht, dass wir so viel auf Montage sind“, sagt der 37-Jährige. Deshalb bevorzugt die Firma nun eher Aufträge aus dem Osterzgebirge, der Sächsischen Schweiz und Dresden.
Unternehmenszentrale in Glashütte
Damit kehrt sie zu den Wurzeln zurück. Denn auch Vater Klaus Löwe war eher in der Region tätig. Der gebürtige Dittersdorfer legte im Februar 1985 den Grundstein des Unternehmens – mit einer Tischlermaschine und einer Bohrmaschine. In Altenberg gründete er mit Unterstützung des damaligen Bürgermeisters einen Betrieb. Wie bei allen Handwerksbetrieben in der DDR war der Anfang alles andere als einfach. Es gab kaum Aufträge von Privatpersonen, es war schwierig, Baustoffe zu bekommen. Erst als das vom Staat verordnete Programm „Dächer dicht!“ startete, sollte sich die Situation etwas verbessern. „Handwerksbetriebe sollten jetzt lösen, was volkseigene Betriebe nicht realisieren konnten“, sagt Marco Löwe. Dennoch fehlte Material. Klaus Löwe arbeitete Schiefersteine auf und verwendet sie wieder. Der Handwerksbetrieb entwickelte sich trotz aller Widrigkeiten gut, hatte inzwischen mehrere Beschäftigte und immer volle Auftragsbücher. Dann kam das Jahr 1990.
Alles änderte sich. Klaus Löwe brauchte mehr Fachleute. Deshalb war er froh, dass seine Söhne Rico und Marco im väterlichen Betrieb den Dachdeckerberuf erlernten und später mit einstiegen. 1995 schufen sie sich in Cunnersdorf einen Lagerplatz und gründete eine eigene Firma. Zusammen mit dem Betrieb des Vaters realisierten sie Großaufträge. 1999 übergab Klaus Löwe seine Einzelfirma seinen Söhnen, die diese in eine GmbH umwandelten. Sie errichteten auf dem Cunnersdorfer Gelände später eine Lagerhalle. Ihre Firma führen die beiden von ihren Glashütter Büroräumen aus und legen fest, welche Aufträge sie annehmen. Zurzeit profitiert das acht Mitarbeiter starke Unternehmen vom Bauboom in Dresden. Dort decken Löwes Männer mehrere Wohn- und Geschäftshäuser ein.