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Atemberaubendes Tempo

Seit 1993 hat Rudolph Lüning im Radeberger Süden eine Firmengruppe geschaffen, die sich mit Hoch-Technologie im Medizinbereich befasst.

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Von Jens Fritzsche

Gleich die erste Fahrt nach Radeberg war keine, an die Rudolph Lüning die besten Erinnerungen hat. Auf der Autobahn war ihm damals ein Reifen geplatzt; zum Glück ging alles glimpflich ab. Ende 1992 war das. Kurz darauf übernahm der Mann aus den sogenannten alten Bundesländern die Reste des einstigen Keradenta-Werkes an der Gagarinstraße im Radeberger Süden – baute hier seine Unternehmensgruppe rund um seine Firma Alpha Plan auf. Einer Firma, die Maschinen und Technologien entwickelt, die zur Herstellung von Blutwäsche-Filtern dienen; künstlicher Nieren für Dialyse-Patienten.

Im Westen hatte der studierte Kaufmann bereits ein solches Unternehmen wachsen lassen. Die Firma hatte er allerdings später an ein amerikanisches Unternehmen verkauft, „damit hatte ich Geld, um hier in Radeberg einzusteigen“, erzählt er. Bei Keradenta in Radeberg waren zu DDR-Zeiten ebenfalls künstliche Nieren produziert worden. So dass 1992 der Kontakt zwischen dem damaligen Betriebs-Chef und Lüning nicht von ungefähr geknüpft worden war. Es war ein Hilferuf der Radeberger gewesen, erinnert sich Lüning, es war eine Zeit, als hier nach der „Arbeit“ zweier Spekulanten alles am Boden lag, wie er sagt.

Erweiterung geplant

Aber Rudolph Lüning hat es nie bereut, seine „Zelte“ hier aufgeschlagen zu haben, erzählte er gestern Vormittag Vertretern der Radeberger CDU-Stadtratsfraktion. „Wir besuchen regelmäßig ortsansässige Unternehmen, um zu erfahren, wo wir als Kommunalpolitiker helfen können“, begründete Fraktions-Chef Frank-Peter Wieth den Besuch. Demnächst, so Lüning, könne er diese Unterstützung durch den Stadtrat durchaus brauchen – plant Lüning doch mit seiner Unternehmensgruppe ein neues Geschäfts-Feld noch stärker zu erschließen als bisher: Wasser-Filter zu entwickeln, die verunreinigtes Wasser zu Trinkwasser werden lassen. Im Gewerbegebiet wolle er dann unter Umständen eine neue Halle bauen, in der produziert werden könnte. Zunächst aber soll eine Entwicklungshalle an der Gagarinstraße entstehen. „Wir haben noch einiges vor“, sagt der Mann, der so voller Kraft und Energie ist, dass man ihm nicht glauben mag, schon das Rentenalter erreicht zu haben.

Es ist eine schier atemberaubende Entwicklung, die sich an der Gagarinstraße seit 1993 abgespielt hat. Nachdem Lüning den Maschinenbauer Alpha Plan ins Leben gerufen hatte (heute arbeiten hier 85 Leute und zehn Lehrlinge), gründete er gleich nebenan ein zweites Unternehmen: Saxonia Medical. Eine Firma, die künstliche Nieren herstellt. In Berggießhübel bei Pirna wuchs kurz darauf mit Ascalon ein drittes Unternehmen der Gruppe. Dort werden jene hochmodernen Fasern produziert, die als Filtermaterial für die Blutwäsche dienen. „Ich wollte ein wenig unbeobachtet von der Konkurrenz agieren“, begründet Rudolph Lüning den Bau im kleinen Berggießhübel. „Zudem waren dort die Bodenpreise noch etwas billiger“, fügt er dann schmunzelnd an. Wohl ein Hinweis auf die Pläne im Radeberger Gewerbegebiet…

Trinkwasser als neues Ziel

Saxonia Medical und Ascalon gehören seit 2004 nicht mehr Rudolph Lüning. „Ich habe die Betriebe an die B.Braun-Gruppe verkauft, die ein Spezialist auf genau diesen Gebieten ist und die die rund 300 Arbeitsplätze auf Dauer sichern konnten“, sagt er. Und widmet sich nun dem neuesten Kind der Gruppe: der Firma Saxonia BioTec an der Gagarinstraße. Durch die Zusammenarbeit mit einer kanadischen Firma, die sich mit Filtersystemen an Wasserhähnen befasste, hat sich hier ein neues Feld entwickelt, dass Lüning gemeinsam mit Dr. Uwe Klaus beackert. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist nicht überall auf der Welt eine Selbstverständlichkeit – Systeme, ähnlich denen zur Blutwäsche, könnten helfen, diese Probleme zu lösen. „Daran arbeiten wir derzeit“, so Klaus. Einige Patente sind bereits beantragt, wie das für einen Beutel, der Schmutz- zu keimfreiem Wasser wandeln hilft. „Gerade bei Umweltkatastrophen ist das bedeutsam, weil sie sehr einfach und schnell arbeiten – vor allem ohne Strom“, freut sich Rudolph Lüning. Und er schwärmt von der Findigkeit sächsischer Ingenieure. „Sachsen ist einer der besten Technologiestandorte Deutschlands“, ist Lüning überzeugt. Und vergisst dabei zu sagen, dass auch er ein gutes Stück dazu beiträgt. In Radeberg.