Von Heike Sabel
Weihnachten ohne Stollen ist wie Ostern ohne Eier. Und ein Stollenbäcker ohne Ehrgeiz ist wie ein Osterhase mit hängenden Ohren. Also werden nicht nur immer mehr Stollen gebacken, sondern auch immer längere. Die Folge: Jeder Weihnachtsmarkt, der etwas auf sich hält, kümmert sich um einen Riesenstollen. Doch ab wann ist ein Stollen ein Riesenstollen?
Wenn man es genau nimmt, schon ab über 30 Zentimeter, sagt Innungsobermeister Falk Burkhardt aus Pirna. Denn 30 Zentimeter misst der „normale“ Stollen. Aber was ist schon normal? Zwei Meter zum Beispiel. Denn die könnten in einem Ritt gebacken werden. Alle längeren Stollen sind nämlich in der Regel aus mehreren kürzeren zusammengesetzt. Demzufolge ist kein Ende abzusehen. Man muss eben nur Anfang und Ende abschneiden und die Teile dann möglichst unsichtbar aneinander fügen. Genügend Butter und Puderzucker drüber, und keiner merkt’s. Nach dem Prinzip entstehen überall die riesigen Exemplare. Aber wer lässt nun den längsten anschneiden?
Königstein: 10,12 Meter
Die Festung Königstein ist etwas Besonderes, also muss auch der Stollen herausragen. Und das tut er mit seinen 10,12 Metern. Dabei sollten es sogar zwölf Meter werden, denn es ist ja der zwölfte Weihnachtsmarkt, sagt Festungschefin Angelika Taube. Doch an den ehrgeizigen zwölf Metern scheiterte der Festungsbäcker. Also wird nun jedes Jahr ein Zentimeter zugegeben. Das ist zu schaffen – bei 21 Teilstollen fällt ein Zentimeter gar nicht ins Gewicht.
Heidenau: Etwa vier meter
Ganz raffiniert kommt der Heidenauer Stollen auf seine Länge. Ihn bäckt nicht nur ein Bäcker, sondern gleich zwei werfen für ihn den Ofen an: Die Kunzes in Heidenau und die Kaisers in Weesenstein. Auf den 2,50 Meter langen Kunze-Teil kommt das Dresdner Christstollen-Siegel. Ordnung muss sein. Doch der entscheidende Augenblick ist das Zusammensetzen und Tragen zum Ort des Geschehens. Da schwitzen die Bäcker mehr als beim Backen.
Dürrröhrsdorf: 1,80 Meter
Aus nur kleinen Riesen entsteht in der Bäckerei Mehnert der große Riese. Der misst dann 1,80 Meter. Mit 45 Zentimetern überragt jedes Viertel den normalen Stollen schon um 15 Zentimeter, ist also der Burkhardschen Definition zufolge schon ein Riese. Bis zu seinem großen Auftritt lagert er auf einem Brett. Auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt am Sonntag hat auch er noch zwei Hürden zu nehmen: Erst eine Fahrt mit dem Transporter, dann ein Stück getragen. Mehnert hätte den Stollen auch noch länger backen können. Doch er muss sich ja auch verkaufen – und zwar für die Arbeit der Jugendfeuerwehr. Und Dürrröhrsdorf ist schließlich nicht Dresden.
Stolpen: etwa 1,20 Meter
Für Karsten Gäbel ist es das erste Mal, dass er einen größeren Stollen bäckt. Der Langenwolmsdorfer rechnet: ein normaler misst etwa 40 Zentimeter, vielleicht drei Stück, dann ergibt es 1,20 Meter. Naja, etwas Zeit hat Gäbel ja noch. Denn der Stolpener Weihnachtsmarkt ist erst am zweiten Adventswochenende. Wer weiß, vielleicht legt er bis dahin noch ein paar Zentimeter zu.
Dresden: 4,75 Meter
Den Wettstreit um den längsten Stollen haben nicht die Bäcker der Neuzeit erfunden. Schon 1730 servierte der königliche Bäckermeister Zacharias August dem Starken ein über neun Meter langes Backwerk. Dieses Jahr bleibt der Dresdner Stollen mit seien 4,75 Metern aber hinter dem Königsteiner zurück.