Von Catharina Karlshaus
Für viele Frauen und Männer ist es die zweite Nacht in Folge. Routiniert laufen sie umher, jeder weiß, an welchem Platz er gleich eingesetzt wird und welche Handgriffe nun erwartet werden. Es ist die zweite Nacht in Folge, die zweite Nacht, in welcher ein Großaufgebot von Freiwilligen Feuerwehren in Großenhain gegen die Flammen kämpfen muss. Über 23 Stunden war dieser Sonntag bereits alt, als der neuerliche Alarm ausgelöst wurde. Dachstuhlbrand in der Innenstadt signalisierte die Rettungsleitstelle, das Nebengebäude eines Wohnhauses auf der Schillerstraße sei betroffen. Es wird nur ganze sechs Minuten dauern, da stehen bereits drei Einsatzfahrzeuge vor dem Grundstück. Routiniert lässt Stadtwehrleiter Maik Häßlich sofort die fünf im Gebäude befindlichen Leute evakuieren und ein noch in der Garage stehendes Auto herausfahren. Eine gute Entscheidung, wie sich zeigen wird. Spätestens dann, als die erschöpften Kameraden am Morgen resümieren, wie viel Wasser letztlich zum Löschen der lodernden Flammen notwendig gewesen sind. Zum Vergleich: Während beim Großbrand im leerstehenden Areal auf der Elsterwerdaer Straße immerhin 1 000 Kubikliter benötigt wurden, werden es auf der Schillerstraße bis zum Montagfrüh schließlich auch 500 sein.



Eigentümer erfährt es am Telefon
Allerdings: Noch ist es längst nicht so weit. Das Anrücken der Wehren aus Bauda, Großraschütz und Riesa mit der Drehleiter beziehungsweise befähigte Atemschutzgeräteträger aus Weinböhla werden ebenso dazwischen liegen, wie ein plötzliches Gewitter, welches kurz nach zwei Uhr auffrischenden Wind, strömenden Regen, Blitz und Donner schickt. Sich scheinbar endlos hinziehende Zeit, in der die betroffenen Bewohner verunsichert auf der Straße stehen, sich über Schaulustige ärgern und immer wieder ängstlich zu den sich nicht ergeben wollenden Flammen schauen. „Es wird schon noch eine Weile dauern,“ prognostiziert Maik Häßlich und versichert im Nebensatz, nach nur anderthalb Stunden Schlaf in den vergangenen zwei Tagen ganz munter zu sein.
Im Gegensatz zum 38-Jährigen und seinen unermüdlich tätigen Feuerwehrkameraden schläft er in dieser Nacht noch ganz gut. Jochen Dreetz, Eigentümer der ehemaligen Panzerwerkstatt, in der am Sonnabendnachmittag ein großflächiges Feuer ausgebrochen war. Der Mann aus Sachsen-Anhalt schläft den glücklichen Schlaf eines noch Unwissenden. Erst am Montagmittag wird er von der Stadtverwaltung darüber informiert werden, welches Unglück sich auf seinem Gelände ereignet hat. „Das war natürlich ein absoluter Schreck. Ich habe mich daraufhin natürlich sofort ins Auto gesetzt und bin gerade unterwegs nach Großenhain, um mir das ganze Ausmaß des Brandes selbst anzuschauen“, sagt Architekt Jochen Dreetz gestern Nachmittag im Telefonat mit der SZ.
Es ist just der Moment, indem die Brandermittler der Polizeidirektion Dresden auf der Elsterwerdaer Straße ihre Arbeit aufgenommen haben. Akribisch und präzise routiniert durchkämen sie das Grundstück nebst teilweise abgerissenem Gebäude. Mit einem Bagger hatte Martin Lindemann vom gleichnamigen Gerüstbau- und Containerdienst es auf Anweisung der Feuerwehr Samstagnacht abgetragen. Eine Maßnahme, um das Übergreifen der unermüdlich lodernden Flammen auf die angrenzende Nachbarbebauung zu verhindern. Stunden später steht fest, was der stellvertretende Kreisbrandmeister Michael Beecken bereits am Wochenende vermutet hatte. „Ein technischer Defekt ist auszuschließen, da alle anliegenden Medien nicht mehr aktiv geschaltet sind“, verkündet Thomas Geithner. Wie der Polizeisprecher gestern Abend unmissverständlich erklärt, müsse daher von vorsätzlicher oder fahrlässiger Brandstiftung ausgegangen werden.
Erschreckende Erkenntnisse, auf die die Bewohner des Wohnhauses auf der Schillerstraße indes noch warten müssen. Erst am Dienstag wird der Brandermittler der Dresdner Polizei sich ein Bild von der Lage machen. Doch davon ahnen die Betroffenen jetzt noch nichts. Der Morgen dämmert bereits über Großenhain, aber die Feuerwehrleute sind immer noch im Einsatz. Dann jedoch ist es endlich so weit, auch dieser Brand gelöscht. Die ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer können abrücken. Erschöpft, übermüdet und nur mit einem Ziel – endlich schlafen zu können.