Von Susanne Plecher
Susis Augen sind rehbraun. Sanft kringeln sich ihre samtig weichen Locken über die ebenmäßig gewachsene Gestalt. Keine Frage: Susi ist eine Schönheit, eine Hunde-Schönheit. Die dreijährige weiße Bolonka-Dame fährt demnächst in den Urlaub. Wenn sie am Müritzstrand flaniert, soll sie gepflegt aussehen. Deshalb sitzt sie jetzt auf dem Frisiertisch von Melanie Winkler. Geschickt trimmt die Zabeltitzerin das krause Fell, schneidet mit einer langen Schere die Pfötchen, die Ohren, den Bauch. Die Hündin lässt das brav über sich ergehen. Nur wenn Frauchen um die Ecke lunzt, wird sie zappelig.
Melanie Winkler lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. „Wir haben miteinander geklärt, wer hier der Chef ist. Stimmt's, Susi?“, sagt sie und hebt die Dame sanft zurück. Sie tut das so bestimmt, dass klarwird: Auch große Hunde werden hier schnell in ihre Grenzen verwiesen. Natürlich gibt es hin und wieder einen, der böse ist und zwacken will. Für solche Zwecke hängt eine Auswahl von Beißkörben gleich neben dem Scherenbehälter. Aber eigentlich, so Melanie Winkler, brauche sie die kaum. Denn sie weiß, dass die Tiere einen ausgeglichenen, dominanten Rudelführer wollen. „Mit Unsicherheiten kommen sie nicht klar.“
Fünf Jahre ist es jetzt her, dass sie ihren Hundesalon an der alten Schweinemastanlage in Zabeltitz eröffnet hat. „Mel's Dogstylekiste“ nennt sie ihn, und das charakterisiert ihren Laden und auch sie selbst besser als „Hundesalon“. Plüschig ist hier nichts. Die Kiste ist ein Container. Ausgestattet hat sie ihn mit Tisch und Hundedusche, allerlei Pflege- und Trimmutensilien. An einer Wand hängt eine Vielzahl von gerahmten Hundefotos. Alles Kunden. Die Haare über ihrem linken Ohr sind kürzer geschoren, als die von Susi es jemals sein werden. Rechts sind sie länger, als Susi es sich je zu träumen wagen würde. Große Tätowierungen verzieren Arme und Nacken.
Hunde hat es im Leben der 35-Jährigen schon immer gegeben. Ihr Vater Werner, der gleich nebenan eine Hundepension und Hundeschule betreibt, hat seine Familie zeitig an den Umgang mit den Vierbeinern herangeführt. Zu Hause hat sie derzeit einen Magyar Vizsla und einen Weimaraner; Kurzhaarhunde, die braucht man nicht zu scheren. Am liebsten mag sie jedoch die mit Bart. An den Riesenschnauzern, die ihr Vater früher züchtete, hat sie das Hundehaarschneiden gelernt. Ein Boxer saß mit in ihrem Trabi, als der sich überschlug. Der Hund raste los ins Nachbardorf, um Hilfe zu holen. Der Traum, Hundestaffelführer bei der Polizei zu werden, war nach dem Unfall ausgeträumt. Die Liebe zu den Hunden ist geblieben. Nein, an ihnen hat es ihr nie gemangelt. Zu viel, scheint es, kann die junge Frau aber auch nicht davon haben.
Ein Freund hatte sie auf die Idee gebracht, den Laden zu eröffnen. „Ich bin so froh, dass er mir das vorgeschlagen hat. Von selbst wäre ich nicht darauf gekommen“, sagt sie und schneidet Susis Zehen frei. Normalerweise holt sie die Bolonka-Hündin zu Hause ab. Denn auch einen Hol- und Bringservice bietet sie ihren Kunden an. Ältere nutzen ihn gern, die nicht mehr fahren können oder Berufstätige, die die Zeit dazu nicht finden. Praktisch, dass Vater Werner nebenan auch einen Hundekindergarten hat und Tiere tageweise betreut. „Die Zusammenarbeit ist toll, das geht alles ineinander über“, sagt sie. Pensionsgäste, die ihren Urlaub auf Winklers Hof verbringen, während Frauchen und Herrchen übersees in der Sonne braten, werden wieder hübsch gemacht, bevor es zurück ins heimische Wohnzimmer geht. Manche kriegen sogar eine Massage.
In einer Ecke der Dogstyle-Kiste liegt ein Sack voll Hundefell. Neulich kam eine Kundin auf die Idee, die abgeschorene Pracht zu recyceln. Und zwar als Marderschreck fürs Auto, für den Dachboden. Bei der Kundin hat es wohl geholfen. „Auf ihrem Dach ist jetzt Ruhe“, sagt Melanie Winkler. Wer mag, kann sich bei ihr eine Portion Fell abholen.
Kontakt: 0173 3958769