Von Ivette Wagner
Hätten Sie mich vor einem halben Jahr nach meinem Lieblingstier gefragt, hätte ich was sagen können. Jetzt gehe ich jeden Tag durch den Zoo und sehe Tiere, die ich vorher gar nicht kannte.“ Der Mann, der das sagt, ist seit dem 1. April Dresdens neuer Zoodirektor: Karl-Heinz Ukena. In „Drumbos World“, direkt im Afrikahaus und vor den Augen der Elefanten, trifft er sich zum Frühstück. „Das mache ich sonst nicht. Meist habe ich schon gegessen, wenn ich in den Zoo komme.“
Dann absolviert der gebürtige Ostfriese die tägliche Morgenrunde. Gemeinsam mit dem Biologen, der Tierärztin, dem technischen Leiter. „Wir schauen, ob alles in Ordnung ist. Welches Tier krank ist, wo ein Wasserhahn leckt.“ Der studierte Betriebswirtschaftler hatte bisher beruflich nichts mit Tieren zu tun. Für ihn kein Problem. „Mein Fokus ist eher die kaufmännische Seite“, sagt der 32-Jährige. „Bis Ostern war unser Ziel, die Zebraanlage fertig zu stellen, zwei fehlende Toiletten müssen saniert werden, um den Robbenfelsen müssen wir uns unbedingt kümmern.“ Ukena arbeitet derzeit an einem umfassenden Konzept. „Die Zukunft kann nur mit einer Generalplanung funktionieren. Dazu muss man die Frage beantworten, wo wir in 15 Jahren mit dem Zoo sein wollen.“
Ukena arbeitete vor der Dresdner Herausforderung in Wilhelmshaven bei der Ozeanis AG. „Das ist eine Erlebnisausstellung, die jährlich tausende Besucher anlockte und kostendeckend arbeitete.“ Parallel dazu war Ukena für das Deutsche Marinemuseum in Wilhelmshaven zuständig. Nicht ohne Stolz in der Stimme erklärt er, dass dieses Museum das einzige in Niedersachsen sei, dass sich privatwirtschaftlich trägt. Besucher anziehen – für Ukena einer der wichtigsten Aspekte seiner Arbeit. „Der Zoo ist die Anlage mit den meisten Kinder- und Schulbesuchen, 28 000 Kinder kommen im Jahr.“ Das kann und soll weiter ausgebaut werden. Für Ukena ist die Leitung eines Zoos völliges Neuland. „Ich habe mit anderen Zoodirektoren gesprochen, mich informiert.“ Freude machen, etwas bewegen – das mache ihm Spaß. Nach dem das Dresdner Angebot auf seinen Tisch flatterte, fuhr er zweimal inkognito nach Dresden, schaute sich den Zoo an. Mittlerweile weiß Ukena, was der Zoo den Dresdnern bedeutet. „Das ist echt Wahnsinn. Wir bekommen sogar Teile von Erbschaften. Die Leute lieben den Zoo. Das ist sehr beeindruckend.“ In trockenem nordischen Stil fügt er hinzu: „Die meisten Spender sind Frauen, Männer sind da wohl anders eingestellt.“ Und lächelt.
Während er ein Käsebrötchen und Obstsalat isst, überlegt er schon, wie man den Zoo attraktiver machen kann. „Eigentlich muss man die Leute an die Hand nehmen. Der Zoo hat so viele schöne Ecken, die sie beim Spaziergang auf den Hauptwegen gar nicht mitbekommen.“ Führungen kann er sich vorstellen, die man mit Kaffee und Kuchen verbindet, jüngere Leute will er ansprechen, nicht nur Familien mit Kindern oder Senioren. Aber: „Einzelsachen nützen nichts, es muss ein Gesamtkonzept geben.“
Jeden Mittag flaniert Ukena eine Runde durch den Zoo. Für sich allein. Rantasten müsse er sich erst einmal. Der letzte Gang des Tages folgt am Abend, zur Kasse. „Darüber muss man einfach Bescheid wissen.“ Und bald, so wünscht es sich der charmante Norddeutsche, soll endlich auch die Familie in Dresden wohnen. „Im Moment suchen wir noch ein Haus.“ Ehefrau Anke und die beiden Kinder Claas, vier Jahre, und Gesche, fünf Monate, sind immer noch in Wilhelmshaven. Also pendelt Ukena jedes Wochenende in den hohen Norden. Und irgendwie scheint da einiges anders zu sein. Viele Kinder wünschen sich einen Zoodirektor als Papa. „Wo wir jetzt wohnen, sind viele Marine-Leute. Da komme ich bei meinen Kindern als Zoodirektor nicht so gut an. Ich sollte auch lieber bei der Marine oder Bauarbeiter sein. Aber daran können wir ja noch arbeiten.“ Auch am Lieblingstier im Zoo. „Der Zoologe kann zu jedem Tier eine Geschichte erzählen. Habe ich alle gehört, kann ich mich vielleicht entscheiden. Im Moment bin ich noch in der Findungsphase.“