Von Steffen Gerhardt
Ursula Eckelt und Karin Buhl haben ihr Auto am Fuße des Rotsteins geparkt. Zu Fuß sind sie den 455 Meter hohen Berg hinaufgewandert und sitzen nun auf der Terrasse des Berghotels, um sich ihr Mittagessen zu bestellen. Die beiden früheren Bautzener Schulfreundinnen sind nicht das erste Mal auf dem Rotstein. „Aber wir erklimmen ihn immer zu Fuß“, sagt Ursula Eckelt, die es von Bautzen nach Putbus verschlagen hat.


Zum einen ist das gesünder, zum anderen „graut“ ihnen die Auffahrt bis zum Hotel. „Da lassen wir lieber das Auto auf dem Parkplatz in Dolgowitz stehen und erfreuen uns an der Natur. Vor allem an den Leberblümchen, die jetzt schon blühen“, sagt Karin Buhl aus Bautzen.
Denn wer mit dem Auto bis auf das Bergplateau fährt, darf keinen Blick auf die Leberblümchen riskieren. Der Fahrer muss sich auf den Weg konzentrieren, der ihn bis zum Berghotel führt. Er ist zwar asphaltiert, wird aber mit zunehmender Berghöhe immer schmaler und schlechter. Zuständig für die Straße ist die Stadt Löbau. Dass sich etwas ändern wird, ist nicht absehbar.
Die Zufahrt wird weiterhin beschwerlich sein, denn eine Reparatur oder Erneuerung der Straße ist vonseiten der Stadt nicht vorgesehen. Obwohl es dafür schon eine Planung gibt, wie die SZ aus dem Rathaus erfuhr, Aber, so Stadtsprecherin Eva Mentele: „Die Erneuerung ist nur über eine Fördermaßnahme möglich. Derzeit stehen für die Straßen im ländlichen Raum jedoch keine Mittel zur Verfügung. Deshalb können nur notdürftige Reparaturen ausgeführt werden.“ Und wenn die Stadt Löbau doch Geld hat, dann ist kein größerer Ausbau beziehungsweise eine Verbreiterung der Straße vorgesehen, sondern lediglich die Erneuerung der Schwarzdecke. „Das jetzige Niveau soll erhalten werden“, so Eva Mentele.
Marko Künze fühlt sich auf verlorenem Posten. Denn so richtig Gehör findet er im Rathaus nicht. „Der Bürgermeister war schon mal hier und hat Besserung versprochen, aber das war es dann auch“, bringt der Hotelier seine Enttäuschung zum Ausdruck. Schließlich ist der Rotstein ein beliebtes Ausflugsziel auch für die Löbauer. Aber nicht nur das.
Der Hotelinhaber ist täglich mit dem Straßenproblem konfrontiert: Größere Fahrzeuge haben kaum eine Chance, bis zum Hotel zu kommen. Was bleibt, ist die Übergabe der Ware auf halber Höhe oder am Fuße des Berges. „Der Fahrer ruft mich im Hotel an, dass wieder etwas abzuholen ist. Ich fahre ihm dann entgegen“, erzählt der Hotelier. Das kostet zusätzliche Zeit, besonders wenn die Lieferungen in der Mittagszeit kommen, wo der gelernte Koch in der Küche zu tun hat. Aber damit kann er sich noch arrangieren.
Was ihn mehr stört: Große Reisebusse können nicht bis ans Hotel fahren. „Wir haben oft Anfragen von Reisegesellschaften, die bei uns einkehren würden. Aber wenn sie hören, wie die Zufahrt ist, sagen sie ab“, ist Marko Künzes Erfahrung. Platz hätte er auch für große Gesellschaften: „Zwei separate und funktionelle Säle bieten 60 bis 80 Personen Platz. Sie werden für Hochzeiten und große Familienfeiern gern gebucht. Zudem haben wir noch eine große Terrasse“, sagt Marko Künze. Noch dazu, wo sich die Gasträume jetzt viel freundlicher und heller zeigen.
Die Winterpause im Januar und Februar wurde zur umfangreichen Renovierung genutzt. Einen fünfstelligen Betrag investierte der Inhaber, damit es seine Gäste schön und angenehm haben. Das bestätigt ein Löbauer Rentnerehepaar, das die Räume noch vor der Renovierung kennt. „Sie sind nicht wiederzuerkennen, nachdem die dunkle Holztäfelung raus ist und auch die geblümten Gardinen. Die grünen Wände und hellen Möbel geben den Räumen etwas Frisches“, sagt die Ehefrau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Auf solche Stammgäste zählt Marko Künze. Denn schließlich muss sich so eine Investition bezahlt machen. Ab April ist wieder die ganze Mannschaft an Bord: fünf Angestellte und eine Pauschalkraft. Und die will Marko Künze ordentlich bezahlen. „Zudem suchen wir noch Kräfte, die bei uns aushelfen“, ergänzt der 33-Jährige. Denn neben dem Restaurant warten auch 15 Hotelzimmer und eine Ferienwohnung auf Gäste. Die sonnigen Wochenenden im März brachten schon einen Vorgeschmack auf die kommende Saison. „Wir waren gut besucht, und auch die Zahl der Buchungen für Feiern nehmen wieder zu“, sagt Marko Künze zur Geschäftslage.
Der gebürtige Löbauer führt seit vier Jahren das Hotel in dritter Generation. Er hat die Geschäftsführung von seinen Eltern übernommen. Marko Künze würde gern mehr in das in einem Naturschutzgebiet stehende Familienhotel investieren: Die Fenster aus den 1970er Jahren sind zu erneuern, eine Wärmedämmung braucht die Fassade, und auch die Heizung wartet auf eine Modernisierung. Das sind Kosten von 300- bis 400 000 Euro, hat er überschlagen. Das setzt für ihn aber eine bessere Straße für mehr Gäste voraus – und auf die muss der Hotelier weiterhin warten.