Von Annett Heyse
Eine halb volle Kiste steht in seinem Zimmer. Darin einige Bücher und Reisedokumente. Nicht sehr viel, wenn man bedenkt, dass Lothar Gulbins am kommenden Dienstag nach Taiwan fliegen wird. Denn der Seifersdorfer bleibt nicht nur ein paar Tage dort, um als Tourist den Inselstaat zu bereisen, sondern elf Monate. Lothar Gulbins wird in der Hauptstadt Taipeh als Missionar arbeiten.
Zwei Zimmer im Hinterhof
Noch aber sitzt er ruhig und gelassen im Wohnzimmer seiner Eltern. „Aufgeregt sind eher die anderen. Ich dagegen freue mich, jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt.“ Dieser wird ihn hinein in das Univiertel einer 7,4 Millionen Einwohner-Stadt führen. Dort soll Lothar Gulbins gemeinsam mit einem jungen Mann aus Chemnitz zwei Zimmer im Hinterhof eines Studentenblocks beziehen.
Und dann beginnt sein Alltag in der fremden Welt: Der 18-Jährige soll den christlichen Glauben unter des Volk bringen. Dabei konzentriert sich die Marburger Mission auf thailändische Gastarbeiter, Studenten und Häftlinge. Außerdem auf Ausländer und deren Kinder, die in Taipeh leben. Lothar Gulbins wird Gemeindeveranstaltungen abhalten, Bibelkurse leiten und bestimmt auch neue Mitglieder gewinnen. In der südostasiatischen Metropole steht ihm ein deutsches Ehepaar als Mentor zur Seite.
Akribisch hat Lothar Gulbins sich auf diese Aufgabe vorbereitet. Statt Bundeswehr oder Zivildienst kam für ihn nur ein soziales Jahr in Frage. Gerne wollte der Christ beim Gemeindeaufbau mithelfen, am liebsten im Ausland. Denn schon vor Jahren hatte er mit Begeisterung den Erzählungen seines Jugendleiters in der Gemeinde gelauscht, der auf einem Missionsschiff in Südostasien unterwegs war. So nahm Lothar Gulbins bereits im Dezember 2005 Kontakt mit der Marburger Mission auf. „Nach Gesprächen mit meinen Eltern und Freunden, fragte ich mich, was Gott will. Und ich merkte, dass ich dazu berufen bin, auf Mission zu gehen“, sagt er. Den Sommer hat er für Seminare genutzt.
Zur Vorbereitung hätten eigentlich auch ein Sprachkenntnisse gehört. Aber noch Mandarin zu pauken, hat Lothar Gulbins nicht mehr geschafft. „Dazu war ich auch ein bisschen zu faul. Aber ich werde das dort nachholen“ Dafür ist der Jugendliche bei seiner Missionsarbeit zuständig, seinen thailändischen Schützlingen die englische Sprache beizubringen, sie bei Behördengängen zu begleiten und ganz allgemein zu unterstützen. Denn die Gastarbeiter leben in schlechten Verhältnissen. „Viele haben sich verschuldet, um in Taiwan arbeiten und Geld verdienen zu können. Sie wohnen in den Fabriken oder Massenquartieren“, berichtet Lothar Gulbins.
Leben von Spendengeldern
Er selbst lebt von Spenden, die Freunde, Verwandte und Gemeindemitglieder aufbringen. Seine Sponsoren überweisen das Geld an die Marburger Mission, die es nach Taipeh schickt. Zwischen 200 und 220 Euro pro Monat dürften zusammenkommen. „Essengehen in einer Garküche oder Klamotten kaufen ist dort vergleichsweise billig“, sagt der zukünftige Missionar.
Angst vor dem Leben in einer riesigen Stadt, umgeben von fremden Menschen in einer fremden Welt, hat er nicht. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich zurechtkomme und mir die Missionsarbeit Spaß macht.“ Denn er weiß um höchste Unterstützung: „Gott gibt mir die Kraft.“