Von Manuela Reuß
Die Motorsägen kreischen seit Stunden. Sie machen Kleinholz aus umgeknickten Bäumen. Ein halbes Dutzend kräftiger Männer schleppt gestern Mittag Äste und in halbwegs handliche Stücke gesägte Hölzer zu einem Traktor-Anhänger. In Schönau ist großes Aufräumen angesagt. Aufräumen nach einem kurzen, aber heftigem, Unwetter mit fatalen Folgen.
Dienstagnachmittag gegen zwei raste ein Tornado durchs Dorf und hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Zum Glück zerstörte die Windhose nur Bäume, Häuser, Garagen und Scheunen. Menschen kamen nicht zu Schaden. Dabei hätte das Ganze auch anders ausgehen können, verrät Anna Schmiedl. Wäre sie nicht mit Lena Rachel zum Einkaufen in Hoyerswerda gewesen, wer weiß, was dann passiert wäre. „Ich könnte tot sein.“ Der Sturm schleuderte Bruchstücke von Wellasbestplatten durchs geschlossene Fenster auf die Couch in ihrer Wohnung. Nicht auszudenken, wenn die Rentnerin dort gesessen hätte. So ruinierte das Unwetter nur Sofa und Sessel. „Da kann sie nicht mehr sitzen“, weiß Lena Rachel. Die Möbel seien übersät von winzigen Splittern. „Die kriegt man nicht raus.“
Die zwei Schönauerinnen sind in der Kapelle des Klostergutes gerade damit fertig geworden, Ordnung zu schaffen. Auch dort wütete der Sturm, drückte ein Fenster ein, riss zwei der schweren Holzbänke aus ihrer Verankerung im Fußboden und warf sie übereinander. Wer die Eisenwinkel sieht, welche die Bänke am Boden halten, kann erahnen, welche Kräfte da wirkten. Helena Rachel, die jeden Tag die Kapelle putzt, wollte ihren Augen nicht trauen, als sie aus Hoyerswerda zurückkam. „Das sah aus wie nach dem Krieg.“
Ein Bild der Zerstörung bietet sich auch im Hof des Klostergutes. Eine der Scheunen ist komplett eingestürzt, andere sind beschädigt. Das Dach des Wirtschaftsgebäudes an der Straße ist löchrig wie ein Käse, auf der Dachfläche der Hofseite fehlt nicht ein Ziegel. „Wie geht sowas?“, staunt Martin Brežan, der im Gut wohnt und dort das Gelände in Schuss hält. Die Windhose fällte eine mächtige Kastanie im Hof, zerzauste die benachbarte Linde, verschonte eine Birke. Die drei Bäume, die Martin Brežan 1982 pflanzte, stehen nur wenige Meter voneinander entfernt. Auch das will der Schönauer noch nicht so recht begreifen. Löcher riss der Tornado auch ins Dach des Schönauer Gasthauses. Doch das war gestern Mittag schon wieder dicht. Wirt Thomas Wowtscherk rief – unmittelbar nachdem die Windhose durch war – beim Dachdecker im benachbarten Cunnewitz an. „Ich hatte nämlich noch Reserveziegel.“ Zehn Minuten später standen vier Mitarbeiter auf seinem Hof und flickten die Löcher.
Derweil kämpft Georg Lippitzsch mit umgestürzten Bäumen. „Zum Glück hab’ ich vor Kurzem den Sägeschein gemacht“, erzählt der Schönauer. Bleibt nur die Frage, was mit dem großen Haufen Astwerk wird, den die Schönauer schon zusammengekarrt haben. „Das Hexenfeuer ist ja leider schon vorbei.“ Vielleicht erteilt die Gemeinde ja die Genehmigung zum Abbrennen, so Georg Lippitsch. „Dann stellen wir uns gern mit den Nachbarn daneben und trinken ein Bier. Bürgermeister Hubertus Rietscher versprach, die Schönauer dabei unbürokratische zu unterstützen. Doch an ein gemütliches Feuerchen war gestern noch nicht zu denken. Sondern erst einmal nur ans Aufräumen.Sachsen