Von Madeleine Siegl-Mickisch
Einige der Gäste mussten mit Plätzen vor dem Sitzungssaal vorlieb nehmen – so viele wie lange nicht waren zur jüngsten Gemeinderatssitzung ins Großpostwitzer Gemeindeamt gekommen. Die meisten von ihnen wollten in der Bürgerfragestunde ihrem Unmut Luft machen, nachdem ihnen Post von der Gemeinde ins Haus geflattert war. Dort drin steht, dass sie noch einen Nachschlag zum Abwasserbeitrag zahlen sollen.
Ursula Jäckel, die seit 70 Jahren in der Raschaer Siedlung wohnt, versteht die Welt nicht mehr: „Es wurde doch alles bezahlt. Ich bin entsetzt, dass ich nun gegenüber der Gemeinde Schuldner sein soll“, sagte sie vor den Gemeinderäten. Bereits vor zehn Jahren hätten die Grundstückseigentümer 80 Prozent des Abwasserbeitrages vorausgezahlt. Als der Bau dann 1999 fertig gestellt war, seien Bescheide verschickt und auch bezahlt worden.
Das weiß auch Bürgermeister Frank Lehmann: „Wir wollen ja darüber reden“, versucht er zu beschwichtigen. Deshalb sei das, was die Bürger im Briefkasten vorfanden, auch noch kein Bescheid, sondern erst einmal eine Anhörung.
Auslöser für die Aufregung in der Raschaer Siedlung ist die Überprüfung aller bereits erlassenen Bescheide. Die war notwendig geworden, nachdem der Gemeinderat Ende vorigen Jahres eine neue Abwasserbeitragssatzung beschlossen hatte. Was für viele Großpostwitzer einen positiven Effekt hat: Weil der Beitragssatz von 2,94 auf 2,30 Euro je Quadratmeter Nutzfläche gesenkt wurde, überweist die Gemeinde zu viel gezahltes Geld zurück. Denn der neue Satz wird nicht nur bei Grundstücken, die künftig angeschlossen werden, berücksichtigt, sondern auch bei den zurückliegenden Fällen.
Allerdings wurde bei der Neuberechnung nicht nur der Beitragssatz korrigiert, sondern auch geprüft, ob die zu Grunde gelegten Flächen und Nutzungsfaktoren stimmen. Und das ist im Falle der Raschaer Siedlung der Knackpunkt: Wurde die Grundstücksfläche bisher mit 1,0 multipliziert, zieht man nun 1,5 heran, weil die Häuser hier zweigeschossig sein dürfen. Das bedeutet für die Betroffenen, dass sie bei einem 1 000 Quadratmeter großen Grundstück rund 500 Euro nachzahlen müssten.
Dass im Nachhinein „einfach alles wieder geändert werden kann“, verstehen die meisten nicht. „Bezahlt ist bezahlt“, sagen sie. Ob die Gemeinde sie tatsächlich noch einmal zur Kasse bitten wird, ist bislang offen: „Wir machen einen Termin und reden noch einmal darüber“, bot der Bürgermeister an. Er machte aber auch darauf aufmerksam, dass die Gemeinde den Bürgern bereits jeweils rund 1 000 Euro Beitrag für den Grundstücks-Anschlusskanal zurückgezahlt habe, denn der war einst zu Unrecht verlangt worden.Auf ein Wort