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Aus Abfall wird Kapital

Der Großteil der Investitionen am Mittweidaer Standort der Pyral AG ist abgeschlossen. Jetzt wird mit neuen Materialien „experimentiert“.

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Von Ute George

Verbogene Fensterprofile aus der Autoverwertungsindustrie, gepresste Getränkedosen, Flaschenverschlüsse, Leichtverpackungen – wenn Thomas Reissner, Vorstandsvorsitzender der Pyral AG, an den Haufen vorbeigeht, lächelt er. „Das wurde vor uns alles verbrannt oder landete auf der Deponie. Jetzt ist das unser Kapital“, sagt er. In Mittweida werden diese Abfälle mechanisch aufbereitet, bevor sie als Vorprodukt in die thermische Behandlung, die sogenannte Pyrolyse, nach Freiberg, dem Stammsitz der Pyral AG, gehen. Dort gewinnt man daraus verschiedene Metalle, vor allem hochreines Aluminium.

Seit die Pyral AG die Mittweidaer Niederlassung auf der Industriebrache der ehemaligen VEB Textima und Spezialdraht am 1. Februar 2013 eröffnet hat, wurden hier 5,2 Millionen Euro investiert. „Etwa eine Million Euro werden wir noch investieren“, so Vorstandschef Thomas Reissner. Geplant sei, die mechanische Aufbereitungsanlage von Freiberg nach Mittweida zu verlagern, zu erweitern sowie zu modernisieren. „Auch die Staub-Absauganlage muss noch fertig gestellt werden“, berichtet der Chef. An den Schnittstellen der Systeme werde ebenfalls gearbeitet. „Ich hoffe, dass die Investition bis Jahresende abgeschlossen ist“, erklärt Reissner. Die Anzahl der derzeit 20 Arbeitskräfte soll auf 40 anwachsen.

Weltweit einmalige Verfahren

Die Abfälle kommen aus Sortieranlagen in ganz Deutschland. Das Wort Müll benutzt Reissner nicht. „Es ist Rohstoff“, sagt er. Bei der mechanischen Bearbeitung kommen selbst entwickelte und laut Reissner weltweit einmalige Verfahren zum Einsatz. So laufe die Sortierung über ein Röntgengerät, das jedes einzelne Metall im Stoff erkennt. Ein optosensorisches Lesegerät sei in der Lage, die verschiedenen Legierungen zu identifizieren.

Selbst feinste Fraktionen mit einer Korngröße von einem bis sechs Millimetern können von Sand- und Glaspartikeln getrennt werden, sodass feiner Aluminiumgrieß übrigbleibt. „Der kommt vor allem in der Bremsenindustrie, aber auch bei Farben und Lacken zum Einsatz“, erklärt Reissner. Als Beispiel nennt er die Metallic-Lackierungen für Autos. Größere Partikel würden weltweit in Aluminiumschmelzen verwendet, um andere Aluminiumschrotte aufzuwerten. In der Stahlindustrie kommen sie als sogenanntes Desoxidationsprodukt zum Einsatz, um eine Blasenbildung beim Erkalten der Stahlschmelze zu verhindern.

Weitere Wachstumsnische

Mittlerweile wird in Mittweida auch mit aluminiumbeschichteter Folie „experimentiert“. Und das aus gutem Grund: „Dies ist eine gute Wachstumsnische, da bisher nämlich niemand weiß, was er mit diesem Abfall machen soll“, sagt Reissner. Eine weitere Marktnische seien laut Vorstand Reissner Solarmodule. Auch die werden versuchsweise bereits in Mittweida aufbereitet.

Aus Abfall hochwertige Produkte zu gewinnen, die wieder der Produktion zugeführt werden können, ist für Thomas Reissner die Zukunft: „Wir rechnen dieses Jahr mit Umsatzahlen in zweistelliger Millionenhöhe. Nächstes Jahr soll sich das verdoppeln.“ (FP)