Von Adolf Heger
Seit 1996 hat ein 21-jähriger Freitaler ständig mit dem Gericht zu tun, meist als Angeklagter, aber auch schon als Zeuge. Und ausgerechnet als solcher hat er sich eines Verbrechens schuldig gemacht.
Frühzeitig kam er in ein Heim. Sonderschulbesuch folgte, einen Beruf hat er nicht gelernt. Zunächst beging er kleinere Diebstähle, denen rasch schwerere sowie gemeinschaftliche räuberische Erpressung folgten. Die Jugend- und Bewährungsstrafen wurden schnell zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung, von der er ein Jahr abgesessen hat.
Am 16. September des vergangenen Jahres war er als Zeuge vor das Jugendschöffengericht geladen. Hier hatten sich Freitaler Jugendliche wegen Körperverletzung und räuberischer Erpressung zu verantworten (SZ berichtete). Offenbar aus Angst vor Racheakten seiner damaligen „Kumpels“ hat er wissentlich falsch ausgesagt. Nachdem ihn der Richter mehrfach auf seine Wahrheitspflicht hingewiesen hatte, aber keine Reaktion zu merken war, ließ er ihn vereidigen. Der Staatsanwalt war schon damals davon überzeugt, dass der Zeuge wegen Meineids bald wieder als Angeklagter vor Gericht sitzen wird.
Dazu kam es nun vor wenigen Tagen. Zum ersten Mal saß der junge Mann als Erwachsener vor einem Schöffengericht am Amtsgericht Dippoldiswalde.
Meineid, weswegen er nun angeklagt war, ist kein „Kavaliersdelikt“ mehr, sondern ein Verbrechen. Dafür sieht das Gesetz ausschließlich Freiheitsstrafen vor. Bei der Beweisaufnahme machte der Angeklagte einen „sichtlich überforderten Eindruck“, wie es sein Verteidiger gelinde ausdrückte.
Außer einem Betreuer hatte der Mann in der letzten Zeit offenbar keine anderen Bezugspersonen mehr, die ihm bei den einfachsten Dingen des Lebens unter die Arme greifen. Allein ist er nicht in der Lage, mit Geld umzugehen oder Ämter aufzusuchen. Ein ärztliches Gutachten bescheinigt ihm eine Persönlichkeitsstörung und eine emotionale Instabilität.
Das Urteil sei dem Schöffengericht nicht leicht gefallen, betonte der vorsitzende Richter. Das Verbrechen sei an der untersten Schwelle anzusiedeln, weil trotz des Meineids die damals Angeklagten ihre gerechte Bestrafung erhalten haben.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Mann jetzt offenbar eine feste Freundin hat und sich um Arbeit bemüht, kam er noch einmal mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr davon. Die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre und sechs Monate.