Aus dem Bus getragen

Meißen. Das ging aber schnell. Am 28. März - wohlgemerkt dieses Jahres - ereignet sich der Vorfall, gerade mal fünf Wochen später sitzt ein Meißner vor Gericht. Dass es überhaupt zur Verhandlung kommt, sieht der Angeklagte nicht ein.
In der Tat ist es ein nichtiger Anlass, der sich durch das respektlose Verhalten des 35-jährigen Meißners hochschaukelt. Der Mann ist nach durchzechter Nacht in einem Meißner Linienbus unterwegs. An der Endhaltestelle fordert ihn der Fahrer auf, den Bus zu verlassen. Das ist so Vorschrift, weil der Fahrer eine Pause machen will. In dieser Zeit dürfen sich keine Passagiere im Bus aufhalten.
Doch der Angeklagte denkt gar nicht daran, der Aufforderung nachzukommen. Der Busfahrer ruft schließlich die Polizei. Doch auch diese kann den Mann mit Worten nicht dazu bewegen, das Fahrzeug zu verlassen. Er beleidigt die Polizisten, indem er den Mittelfinger zum Mund führt und daran leckt.
Mit verschränkten Armen sitzt er schließlich da. Als ihn die Polizisten packen, versucht er, deren Hände abzuschütteln und lässt sich auf den Boden fallen. Mit vereinten Kräften gelingt es den mittlerweile vier Polizisten, die mit zwei Streifenwagen angerückt sind, den Mann aus dem Bus zu tragen.
„Das ist ja der Wahnsinn“, schreit der Mann, nachdem die Staatsanwältin die Anklage verlesen hat. Er habe doch nur vergessen, an der Haltestelle, an der er aussteigen wollte, den Halteknopf zu drücken.
Weil der Bus nicht hielt, sei er bis zur Endhaltestelle weitergefahren und wollte nun mit dem gleichen Bus zurückfahren. Schließlich habe er eine Monatskarte für 90 Euro. „Der Bus fuhr drei Minuten später wieder los, wieso sollte ich da erst aussteigen. Rentner dürfen doch auch sitzenbleiben“, sagt er.
Die Polizisten hätten ihn nach Drogen durchsucht, nur weil er vor 14 Jahren mal einen Joint geraucht habe. „Ich habe mit dem Zeugs seit Jahren nichts mehr zu tun. Die waren verärgert, weil sie nichts gefunden haben“, sagt er. Dass er respektlos gegenüber dem Fahrer und den Polizisten gewesen ist, sieht er nicht ein.
Doch auch gegenüber dem Gericht zeigt der Mann keinen Respekt. Das geht damit los, dass er seine Mütze aufbehält, und setzt sich in ständigem Hereinreden fort. Betrunken ist er auch noch. Ja, er habe schon zwei Flaschen Bier getrunken, gibt er zu. Doch bei zwei Flaschen kann es nicht geblieben sein, so wie es im Saal nach Alkohol riecht und wie er auftritt.
„Waren Sie an dem Tag auch betrunken?“, fragt ihn der Richter. „Nö, also“, stottert der Angeklagte. Eine Atemalkoholkontrolle hatte einen Wert von 1,1 Promille ergeben. Ein Drogentest allerdings verlief negativ. Die Polizisten haben sich nach der Tat übrigens als nobel erwiesen. Sie haben ihn nicht nur aus dem Bus getragen, sondern im Polizeiauto nach Hause gefahren. Lag auf der Strecke, sagt ein Polizist.
„Verknacken sie mich doch, zu was Sie wollen“, sagt der Mann schließlich resigniert zu dem Richter. Nach dem Plädoyer der Staatsanwältin ist er das erste Mal sprachlos. Sie hatte eine Geldstrafe von 1 800 Euro wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung gefordert.
„Was soll ich dazu sagen“, stammelt er. „Wenn das notwendig ist, ertrage ich das.“ So viel muss er dann doch nicht ertragen. Der Richter verhängt nur eine Geldstrafe von 600 Euro. Die kann er auch abarbeiten. Dazu muss er 60 Tage lang gemeinnützige Arbeit leisten.