Von Annechristin Bonß
Auf dem Parkplatz vor dem Netto an der Cämmerswalder Straße ist zum Mittag wenig los. Die Sonne sticht. Trotzdem kommen immer wieder Menschen aus dem nahen Wohngebiet zu dem Supermarkt gelaufen. Der Weg ist nicht weit. Es geht nur einmal über die Straße. Praktisch für viele ältere Menschen, die hier wohnen.
Doch die Zukunft des Einkaufsmarktes mitten im Wohngebiet ist ungewiss. Die Firma TLG Immobilien bietet derzeit die Fläche zwischen Cämmerswalder Straße und Kohlenstraße zum Verkauf an. Das Exposé im Internet ist ausführlich und lässt über die weitere Nutzung spekulieren. Denn die TLG bietet die Fläche zweimal an: einmal als Gewerbegrundstück mit dem Netto-Markt und einmal als lukratives Wohngrundstück mit der Option für Mehrfamilienhäuser. „Die Liegenschaft bietet aus unserer heutigen Sicht verschiedene Nutzungsmöglichkeiten“, sagt TLG-Sprecher Christoph Wilhelm. Allerdings wäre für eine nachhaltige Nutzung eine deutliche Erweiterung der Verkaufsfläche notwendig. Derzeit ist von den über 4 000 Quadratmetern des Grundstücks lediglich ein Viertel für den Netto-Markt bebaut. Weil sich das Grundstück nach dem städtischen Baurecht auch für Wohnungen eignen würde, wirbt das Unternehmen mit beiden Optionen. Mögliche Neubauten müssten sich nach Aussehen und Höhe der Nachbargebäude richten. „Die künftige Nutzung entscheidet der Erwerber“, sagt Wilhelm.
Der Lebensmittelanbieter Netto hält an seinem Standort fest. Die TLG hat das Unternehmen über die Verkaufspläne informiert. Ein Ersatzstandort sei in dem Gebiet nicht geplant, sagt Sprecherin Christina Stylianou. „Ein Kauf dieser Fläche in Dresden kommt nicht infrage, da wir grundsätzlich Mieter unserer Filialstandorte sind“, sagt sie. Bis die Kündigung des Vertrags vorliegt, kann also weiter an der Cämmerswalder Straße eingekauft werden.
Dabei gäbe es durchaus Alternativen zum Einkaufen. In der Nähe des Netto-Marktes bietet das Kaufland ebenfalls an der Kohlenstraße einen weitaus größeren Supermarkt mit einem breiteren Warensortiment. Dafür müssen Kunden 200 Meter weiter laufen. Die Anwohner in den Plattenbauten an der Cämmerswalder Straße schätzen die kurzen Wege zum Netto-Markt sowie den direkten Zugang zur Bushaltestelle, die auf dem Grundstück steht.
In dem Gebiet mit 2 000 Wohnungen leben vor allem Mieter der Wohnungsgenossenschaft Glückauf Süd. Der Großvermieter hat zudem erst vor zwei Jahren direkt neben dem Netto ein neues Seniorenwohnhaus eröffnet. Ein Problem mit der möglichen Schließung hat die WGS Glückauf trotzdem nicht. „Die Versorgungssituation für die umliegenden Wohngebiete schätzen wir als sehr gut ein“, sagt Sprecherin Dana Jacob. „Das Kaufland deckt nahezu alles für den täglichen Bedarf ab.“ Es scheint, als ob der Netto nur wenig Priorität bei der WGS hat. Denn der Großvermieter hat von der TLG ebenfalls das entsprechende Grundstück zum Kauf angeboten bekommen. Das Interesse sei groß. Was die WGS allerdings damit vorhat, dazu äußert sich die Sprecherin nicht. Allerdings schätzt die Sprecherin die Auswirkungen einer Schließung als extrem gering ein. Ein Wohnungsneubau an der Stelle scheint damit wohl wahrscheinlicher.
Dabei gibt es noch weitere Interessenten für das Grundstück. Wie viele das sind und worüber in den Gesprächen verhandelt wird, dazu will sich TLG-Sprecher Wilhelm derzeit nicht äußern. Der Vertrag mit Netto läuft bis Ende November. Danach könnte er theoretisch unbefristet verlängert werden. Ob das allerdings passiert, das entscheidet der neue Besitzer. Noch liegen keine Bauanträge bei der Stadt vor.