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Aus Liebe zu alten Uhren

In Glashütte werden nicht nur neue Zeitmesser produziert. Jetzt wird auch das Geschäft mit alten Uhren interessant.

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Von Maik Brückner

In alte Uhren hat sich Andreas Schuhmann schon als Jugendlicher verliebt. Es war eine kaputte Kuckucksuhr, die ihn faszinierte. Er montierte so lange an hier herum, bis sie funktionierte. Das prägte. Schuhmann wurde Uhrmacher. Über 40 Jahre ist das nun her. Nach seiner Ausbildung arbeitete er zunächst in seiner Heimatstadt Chemnitz. Kurz vor der Wende reiste er in den Westen aus. „In der DDR war die Uhrmacherei eine brotlose Kunst“, sagt er. In Weinheim bei Mannheim war das anders. Hier konnte er mit der Restaurierung alter Uhren gutes Geld verdienen, denn nach dem Boom der Quarzuhren gab es nur noch wenige Uhrmacher.

Nun wagt er 55-Jährige einen Neuanfang in der deutschen Uhrenstadt – in Glashütte. Anfang März eröffnete er neben dem Uhrenmuseum sein Fachgeschäft. Es ist mit Lagerräumen gerade mal 50 Quadratmeter groß. Das reicht. In der Vitrine am Verkaufstisch liegen Taschen- und Armbanduhren. Gegenüber hängen Wanduhren. Auch einige Präzisionsuhren stehen im Raum. Die meisten stammen von Sammlern. Schuhmann verkauft sie.

Tradition verpflichtet

„Ich kann jede Uhr reparieren“, sagt er. Doch nicht jeder Kunde will das. Manch einer will die Uhr im Originalzustand haben, andere wollen sie komplett restauriert, und wieder andere wollen nur das Nötigste gemacht haben. „Ich neige zu Letzterem“, sagt Schuhmann. Die Gebrauchsspuren sollten noch zu sehen sein. Diese Sichtweise haben auch die meisten Sammler.

Obwohl Schuhmann sein Geschäft erst vor wenigen Tagen eröffnete, hat er schon gut zu tun. Es sind treue Kunden aus seiner Weinheimer Zeit. Nun will er in Glashütte Fuß fassen. Und er sieht Potenzial, obwohl er nicht der Erste ist, der sich diesem Geschäftsfeld zuwendet. Auch die beiden großen Uhrenhersteller Glashütte Original und A. Lange & Söhne beschäftigen Restauratoren. „Wir sehen dies als wichtige Verpflichtung gegenüber unserer Tradition“, sagt Lange-Pressereferentin Katrin Meusinger. Deshalb arbeitet im Atelier für historische Taschenuhren ein kleines Team von Spezialisten, das Uhrwerke repariert und in Einzelfällen auch neue Gehäuse anfertigt. Aus Kapazitätsgründen werden aber nur historische Taschenuhren der Firma Lange und der früheren Lange-Billigmarke Deutsche Uhrenfabrikation angenommen. Schon jetzt werden mehr Uhren eingeschickt, als das Team restaurieren kann. Deshalb müssen sich die Uhrenliebhaber auf längere Wartezeiten einstellen.

Auch Glashütte Original fühlt sich der Tradition verpflichtet. Im Unterschied zu Lange nimmt man in der Manufaktur aber historische Mechanikuhren aller Glashütter Marken an, sagt Pressereferent Michael Hammer. Denn Glashütte Original ging aus dem VEB Glashütter Uhrenbetrieb hervor. In dieser, zu DDR-Zeiten gegründeten Firma, gingen nach dem Zweiten Weltkrieg fast alle Glashüter Uhrenfirmen auf. Diesem Erbe hat man sich verschrieben. Deshalb reparieren die Uhrmacher von Glashütte Original nicht nur historische Union- und Assmann-Uhren, sondern auch Taschenuhren von Lange. Den Großteil machen aber die in den 1960er- und 1970er-Jahren produzierten GUB-Armbanduhren aus, sagt Hammer. Aber auch hoch komplizierte Tourbillons werden repariert.

Neben Lange und Glashütte Original ist auch das Uhrenfachgeschäft der Familie Smigerski seit Jahren eine Anlaufstelle für Liebhaber alter Uhren. Seit 1975 werden hier nicht nur Uhren verkauft, sondern auch repariert. Gut 40 Prozent des Geschäftes machen die Reparaturen aus, sagt Inhaber Frank Smigerski. Vorrangig macht er historische Taschen- und Armbanduhren aus DDR-Produktion wieder flott. Großuhren nimmt er eher selten an. Auf Wunsch bringt er diese aber auch zum Ticken.

Diese Konkurrenz hat Andreas Schuhmann nicht abgehalten, nach Glashütte zu kommen. Schließlich gebe es eine Nische. Denn er wird nicht nur Glashütter Uhren annehmen, sondern auch historische Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald oder Armbanduhren aus der Schweiz. Außerdem will er mit alten Uhren handeln. Im Laufe der Jahre hat sich der 55-Jährige einen Fundus zugelegt. Das kommt nicht von ungefähr. Schuhmann repariert nicht nur alte Uhren, er sammelt sie auch.

Andreas Schuhmann ist zuversichtlich, dass sein Glashütter Geschäftsmodell aufgeht. Vorhersagen lasse sich das aber nicht, räumt er ein. Eine Bilanz könne man frühestens nach einem Jahr ziehen.