Ausmisten mit der Bunte-Tücher-Methode

Kinder haben heute meist sehr viel Spielzeug, jede Menge Klamotten, Stifte und Schreibutensilien. Und zu Ostern ist noch einiges mehr dazugekommen. Doch nicht alles lieben und nutzen die Kinder auch. „Solche Dinge vermüllen nur unnötig die Schränke und verstellen den Blick“, sagt die Chemnitzer Pädagogin Ulrike Leubner. In ihrem Buch „Vorsicht Spielzeuglawine“ hat sie thematisiert, wie Kuscheltiere, Puppen und Plastikautos die Kindheit regelrecht begraben können. Sie macht aber auch deutlich, dass gutes Spielzeug und ein Umfeld, das zum Spielen animiert, für eine gesunde Entwicklung wichtig sind. Um Ungeliebtes, Kaputtes und Unnützes auszumisten, bieten sich die Osterferien besonders gut an. Denn Reisen mussten storniert werden, und Freunde einladen, geht auch nicht. Ulrike Leubner rät deshalb zur „Bunte-Tücher-Methode“.
Spielzeug
Zuerst das Spielzeug: Alle Regale und Schränke werden ausgeräumt und ausgewischt. Die Spielsachen kommen in die Zimmermitte und werden vorsortiert, sagt sie. Auf ein Tuch legt das Kind seine Lieblingsspielsachen. Sie sollen später genügend Platz im Schrank bekommen. Auf ein anderes kommen alle Dinge, die kaputt oder unvollständig sind. „Die Familie kann später überlegen, was davon repariert werden kann“, so Ulrike Leubner. Oft kommen so Dinge zum Vorschein, die man lange gesucht hat. Das ist auch ein großer Spaß.
Das dritte Tuch ist für Sachen gedacht, mit denen die Kinder lange nicht mehr gespielt haben, entweder, weil sie ihnen noch nie gefallen haben oder sie sich zu groß dafür fühlen. Daraus erwächst dann der „Trennungsberg“. Gut erhaltene Spielsachen lassen sich per Ebay verkaufen. „Oder das Kind weiß, wem es damit eine Freude machen kann. Der Gegenstand wird hübsch verpackt und nach Lockerung der Kontaktbeschränkungen überreicht. Manches lasse sich auch tauschen – dem „Trennungsberg sollte man also viel Aufmerksamkeit schenken“, sagt sie. So bekommen teure Spielsachen auch einen für das Kind nachvollziehbaren Wert.
Die zweite Station ist der „Kaputt-Berg“. „Ein Puzzle, bei dem Teile fehlen, ist nutzlos. Also weg damit. Fehlen hingegen Spielfiguren, könne man das mit Kreativität ergänzen und aufpeppen. Es wird für das Kind umso wertvoller“, so Ulrike Leubner.
Ist von den Lieblingsspielsachen immer noch so viel da, dass es nicht in den Schrank passt, rät die Pädagogin zur Archivierungsmethode. „Ein Teil wird in einen Koffer oder Karton verpackt und ausgelagert. Nach einer bestimmten Zeit rotiert es: Das Spielzeug im Schrank geht ins Archiv und das andere kommt ins Zimmer zurück. „So ist immer Bewegung drin, und die Spielsachen werden nie langweilig.“
Schreibzeug und Schulsachen
Bei Schreibutensilien wird ähnlich verfahren. Oft türmen sich kaputte Kugelschreiber, Stifte mit Minenbruch oder leere Filzstifte. Das kann weg und schafft Platz für Neues. Stifte und Papiere, die man nicht mag oder verwendet, werden zum Verschenken oder Verkaufen aussortiert.
Für die Schulsachen eignet sich der Pädagogin zufolge auch die Tücher-Methode: Auf eins kommen die aktuellen Schulsachen nach Fächern sortiert, auf ein anderes Nachschlagewerke oder Schriftstücke, Ordner und Hefte, die man gerne aufheben möchte. Vielleicht soll der Schulschrank an einen anderen Platz gerückt werden, oder es wird ein neuer angeschafft – so lassen sich künftige Arbeitsabläufe optimieren.
Klamotten
„Die Klamotten sind, vor allem bei Mädchen, ein extra Kapitel“, sagt Leubner. Da sammelt sich viel an. Da hippe Shirts auch oft preisgünstig zu haben sind, gibt es entsprechend viele davon in den Schränken. „Doch je mehr Sachen man besitzt, umso aufwendiger ist es, Ordnung zu halten. Also Zeit für eine Modenschau“, ist ihr Tipp. Gebraucht wird ein großer Spiegel und eine Art Kabine zum Umziehen. Die Sachen werden wieder in der Mitte des Zimmers geparkt, probiert und neu zusammengestellt, mit Tüchern, Hüten oder Schuhen kombiniert. „Das macht viel Spaß und lässt das Ganze nicht so nach Arbeit aussehen.“
Sortiert wird nach drei Kategorien: 1. Lieblingsstücke, 2. Sachen, die nicht getragen wurden, weil sie nicht gefallen oder nicht zum Stil der Trägerin passen, 3. Sachen, die kaputt sind, nicht mehr passen oder Flecken haben. „Von dem zweiten Berg lässt sich vielleicht manches verkaufen oder verschenken. Eine Farbe, die mir nicht steht, könnte aber zum Typ der Freundin passen.“ Kaputte Sachen werden entsorgt. Manche ergeben gute Stoffe zum Basteln. „Dafür gibt es eine extra Kiste.“
Ordnung auf Dauer halten
Ist all das geschafft, bleibt eine Frage: Wie gelingt es, dass diese Ordnung weitestgehend erhalten bleibt? „Ratsam ist, sich einen festen Tag in der Woche zu schaffen, an dem das Zimmer geputzt wird. Das muss nicht der Freitag sein“, so die Pädagogin. Nach einer Woche in der Kita oder in der Schule brauchen die Kinder Ruhe. Wenn sie jetzt alles wegräumen müssten, um am Samstag freie Bahn für den Staubsauger zu haben, überfordert sie das. „Kein Wunder, wenn sie bocken.“ Sonntag sei der bessere Tag zum Aufräumen. Kleinere Kinder müssten immer auf die anstehende Putzaktion vorbereitet werden. Das kann durch ein Schild mit Eimer und Besen erfolgen. Oder es gibt ein anderes Ritual, mit dem das Kind diesen Ablauf versteht.
Doch nicht alles muss vor dem Putzen weggeräumt werden. Ein schönes Bauwerk kann auch einmal für ein paar Tage stehen bleiben, so die Pädagogin. Dazu braucht es aber einen geeigneten Platz. „Hier bietet sich eine Platte an, die auf einen Schrank geschraubt wird. Oder ein Podest auf Rollen, das sich beiseiteschieben lässt.“
Die Eltern könnten nach solchen Aktionen überlegen, wie sie es der Verwandtschaft nahebringen können, nicht mehr so viel zu schenken. „Man kann ihnen zum Beispiel deutlich machen, dass durch jedes neue Stück ein anderes zu viel wird und weggeworfen werden muss.“ Sie plädiert deshalb für Erlebnisgeschenke. „Woran denken Kinder, wenn sie von Großeltern oder Verwandten sprechen? Meist an gemeinsame Erlebnisse“, so Leubner. Ein Ausflug mit Erlebnisparkbesuch könne ein sehr wertvolles Geschenk sein. „Aber auch eine Wanderung mit Picknick, ein Tierparkbesuch oder eine Bimmelbahnfahrt.“ Ein Gegenstand verliert irgendwann das Interesse und landet auf einem Berg, der wieder mühsam sortiert werden muss.
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