Von Tobias Hoeflich
Fehlen wird ihm schon etwas im Pflegeheim. Zum Beispiel der neue Bewohner, der auch vom Kopf abwärts gelähmt ist. Falk Wagner lacht. „Mit dem kann man gut scherzen.“ Mit „Na Krüppel“ oder „Steh doch mal auf“ sticheln sie sich gegenseitig, immer spaßig gemeint. Humor sei schließlich der beste Weg, einen Schicksalsschlag zu verkraften. Solch einen, wie Falk Wagner 2012 hatte, als er mit seinem Motorrad auf einer Landstraße verunglückte. Seitdem ist er vom Kopf abwärts gelähmt (die SZ berichtete).
Nach langer Reha zog Wagner als Erster in die neue Pflegeeinrichtung „Paraliving“ für junge Menschen an der Winterbergstraße, die im Sommer 2013 öffnete. Ein eigenes Heim aber war schon da sein Ziel: im Obergeschoss des Elternhauses in Meißen, auch wenn er immer wieder betont, wie gut sich das Team in der Winterbergstraße kümmerte. Dennoch ging es vor ein paar Tagen los in die eigenen vier Wände. Vorher musste das Haus umgebaut werden. Allein der Fahrstuhl, der außen angebracht wurde, hat 60 000 Euro gekostet. „Zum Glück war ich über meine Firma unfallversichert. Da kam ein ordentliches Sümmchen zusammen.“
Die letzten Tage an der Winterbergstraße schwankte Wagners Gemüt zwischen Bammel und Freude. Am Computer klickt er sich durch die Fotos vom Umbau, zeigt, wie das Haus aussieht, in das er einzieht. Viel Arbeit war dort nötig. Allein das Bad musste komplett umgebaut werden. Besonders gemütlich ist es unterm Dach geworden. „Das wird das Zimmer für die Pflegekräfte.“ Denn Wagner wird rund um die Uhr betreut, wenn er in sein neues Meißner Heim einzieht.
Dennoch versucht er, so viel wie möglich selbstzumachen. Den Laptop bedient er etwa mit einer Mundmaus. Ein Computer auf Rädern ist auch sein neuer Rollstuhl. 30 000 Euro hat der gekostet. „Dafür kriegt man auch ‘nen Mittelklassewagen“, sagt Wagner und lächelt. Oberklasse ist dagegen schon die daran montierte „Umfeldkontrolle“, eine Art Mini-Computer mit Infrarottechnik. Darüber kann Wagner zum Beispiel den Fernseher bedienen oder Türen öffnen. „Ich hab das Glück, bei einer guten Krankenkasse zu sein. Andere hier müssen um solche Sachen viel mehr kämpfen.“
Kämpfen aber muss auch Wagner weiterhin, dessen Leben durch den Motorradunfall umgekrempelt wurde. Als ein Autofahrer ihn überholte, dabei auf die Gegenfahrbahn geriet und ein anderes Auto rammte, wich er mit seinem Motorrad aus, überschlug sich, brach sich zwei Halswirbel. Ein Gutachter gab dem Autofahrer die Schuld, dessen Versicherung nun zahlen müsste. Doch die weigert sich. „Das kann sich noch zwei Jahre hinziehen“, sagt Wagner und seufzt.
Dennoch hat er schon das nächste große Ziel vor Augen. Zuletzt war Wagner als Projektleiter für Kommunikationstechnologie tätig. Das will er auch wieder tun – stundenweise von zu Hause aus. Seine Firma hatte ihm versprochen, dass immer ein Platz für ihn frei ist. Und den PC bedienen, telefonieren – all das kann Wagner schließlich immer noch. „Es geht eben nur alles nicht mehr so schnell wie früher.“