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Auto-Rolle wird eher 20 als die Einheit

Im zwanzigsten Jahr der deutschen Einheit kann Dieter Rolle das gleiche Jubiläum mit seiner Firma feiern. Allerdings feiert er mit seinen Söhnen, Sven und Tilo Rolle, schon ein bisschen eher: Am 1. Oktober...

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Von Thomas Zenker

Im zwanzigsten Jahr der deutschen Einheit kann Dieter Rolle das gleiche Jubiläum mit seiner Firma feiern. Allerdings feiert er mit seinen Söhnen, Sven und Tilo Rolle, schon ein bisschen eher: Am 1. Oktober 1990, genau zwei Tage vor der Wiedervereinigung, eröffnete er die bekannte Autoverwertung mit Reifenservice in Radgendorf.

Der ehemalige Transportleiter der LPG Wittgendorf/Eckartsberg nutzte nach dem Mauerfall die Gelegenheit, das Land und den elterlichen Bauernhof, der älteren Zittauern noch durch den Milchlieferwagen ein Begriff ist, von der LPG zurückzubekommen.

Neue Geschäftsidee genutzt

Landwirtschaft wollte er nicht betreiben, aber „irgendein“ Geschäft. Ein westdeutscher Bekannter brachte ihn auf die Idee mit der Autoverwertung – damals ein völlig unbekanntes Konzept im Osten. Die neue Möglichkeit, endlich westdeutsche Autos zu erwerben, brachten der Firma Rolle dann auch sofort hunderte Ersatzteilspender. Die meisten Leute trennten sich so schnell wie möglich von ihren bis dahin liebevoll gehegten Ostfabrikaten.

Anfänglich wurden die Autos noch neben dem Kuhstall in der ehemaligen Futterscheune zerlegt. „Da mussten wir aber auch noch so einiges lernen: Wer braucht schon 50 Trabitüren auf Lager?“, lacht Rolle heute. Denn sehr bald lernten die Rolles – die Söhne wurden auch Kfz-Mechaniker und arbeiteten mit – welche Teile mehr nachgefragt wurden. „Das ist bis heute so geblieben: Klassische Unfall- und Verschleißteile“, sagt Rolle.

Zweites Standbein aufgebaut

Den Gewinn aus dem Geschäft steckte der Unternehmer der ersten Stunde in die Sanierung und den Ausbau der Gebäude. Von 1992 an versuchte er, eine ehemalige Lkw-Werkstatt von der Treuhand zu erwerben, um eine Zweigstelle aufzumachen. Heute noch erinnert er sich zornig an das Prozedere, das sich über vier Jahre hinzog, bis endlich das zweite Standbein der Firma eröffnet werden konnte. Seitdem läuft die Freie Werkstatt Kfz-Technik Rolle auf der Leipziger Straße in Zittau gut und bringt inzwischen mehr als die Autoverwertung. „Ist doch klar: Früher haben die Leute noch alles repariert, heute kaufen sie lieber ein neues Auto“, erklärt der Seniorchef die Lage. Die Abwrackprämie 2009 beschert ihnen dann auch Arbeit bis zum jetzigen Zeitpunkt. „Da haben manche einen Neuwagen gekauft, weil der Nachbar sich auch einen geholt hat“, staunt er immer noch.

Seine Söhne sind jetzt Mitinhaber und beide auch Meister. Damit ist der Generationswechsel fast vollzogen, denn Dieter Rolle überlässt ihnen „meistens“ die Entscheidungen. Er sei ja jetzt schon Rentner und die Söhne lange erwachsen. Sechs Mitarbeiter sind bei ihnen beschäftigt. Rolle ist heute zufrieden und stolz auf das Erreichte. Und: „Auf die DDR hätt‘ ich schon eher verzichten können.“