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Autoeinbrüche am laufenden Band

Eine unglaubliche Einbruchserie hielt Riesa in Atem. Der mutmaßliche Täter sitzt jetzt vor Gericht. Die Vorwürfe gehen noch weiter.

Von Jürgen Müller
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So wie hier in Meißen soll der Täter in Riesa vorgegangen sein.
So wie hier in Meißen soll der Täter in Riesa vorgegangen sein. © Archivfoto: Polizei

Dresden/Riesa. Diese Serie hat nicht nur die Riesaer beunruhigt. Innerhalb von sechs Wochen gab es im Herbst vorigen Jahres im Stadtgebiet von Riesa mehr als 40 Einbrüche in Autos. Das Vorgehen war immer gleich. Am helllichten Tag schlugen der oder die Täter die Autoscheiben ein, entwendeten Handtaschen mit Geldbörsen, Bargeld, Ausweispapieren. In einigen Fällen machten es die Autobesitzer den Tätern leicht. Die Wertsachen lagen offen im Fahrzeug. Manche Autos waren auch nicht abgeschlossen.

Seit dieser Woche nun sitzt ein Tatverdächtiger wegen besonders schwerem Fall von Diebstahl vor dem Landgericht Dresden. Ob der 48 Jahre alte Deutsche alle diese Einbrüche beging, ist offen. Ein Teil davon wird dem vierfachen Familienvater aus Riesa jedoch angelastet. Insgesamt listet die Staatsanwältin mehr als 35 Taten auf: Diebstahl, gewerbsmäßiger Betrug, versuchter Betrug, Urkundenfälschung. So soll er Autos unter anderem auf der Felgenhauerstraße, am Rathausplatz und an einer Gartenanlage geknackt haben. 

Doch mit den Einbrüchen war es nicht getan. Das besonders Perfide an der Sache: Er nutzte die erbeuteten EC-Karten, um entweder Bargeld abzuheben oder per Überweisung an sich oder auf das Konto seines Sohnes Geld zu überweisen. Auf den Überweisungsträgern fälschte er jeweils die Unterschriften. Selbst vor seiner eigenen Mutter soll er nicht halt gemacht haben. Mit deren Kontodaten und ohne deren Wissen soll er drei Handyverträge abgeschlossen sowie Geld auf das Konto seines Sohnes überwiesen haben. Für dieses Konto waren er und seine Frau verfügungsberechtigt.

Vorgeworfen wird dem Mann, der seit Ende Oktober vorigen Jahres in Untersuchungshaft sitzt, auch, in einer Spielothek einer Frau die Handtasche samt Geldbörse gestohlen zu haben. Mit deren EC-Karte hob er insgesamt 500 Euro am Geldautomaten ab. Dabei kam ihm zugute, dass die Frau die persönliche Identifikationsnummer in der Geldbörse aufbewahrte. Zwei Tage später holte der Mann zum ganz großen Schlag aus. Er überwies von diesem Konto an seinen Sohn mit dem Verwendungszweck "Kauf Pkw" 4.950 Euro. Das Geld wurde zunächst angewiesen, dann aber von der Kontoinhaberin zurückgerufen. Auch einer Bekannten, die er in einem Bäckereicafe in der Elbgalerie in Riesa in ein Gespräch verwickelte, soll er das Portmonee gestohlen haben und dann Geld abgehoben haben.

Insgesamt entstand durch die Taten ein Schaden von 18.530 Euro. So viel Geld wollte der Angeklagte mit den erbeuteten Karten und Kontodaten abheben beziehungsweise an sich oder seinen Sohn überweisen. In den meisten Fällen klappte das nicht, weil die Konten entweder gesperrt oder nicht gedeckt waren. Mehrfach wurde das Geld auch zunächst überwiesen, dann aber zurückgebucht. Letztlich konnte er nur 1.370 Euro erbeuten. 

Der Verteidiger räumt im Namen seines Mandanten einen Teil der Vorwürfe ein, einen Teil bestreitet er. Vor allem in den Pkw will er nicht eingebrochen sein. Einen Teil der EC-Karten habe er in Müll- und Elektronikschrottcontainern gefunden. Sein Mandant suche regelmäßig in derartigen Containern nach Verwertbarem, kaufe auch selbst defekte Elektrogeräte an, so der Verteidiger. Eine Karte habe der Angeklagte zufällig gefunden, als er seine Notdurft verrichtete. Sie habe da einfach im Gras gelegen. Als Motiv für die Taten nennt der Verteidiger "Geldnot". Der Angeklagte habe seinen Job verloren, es stünden noch Lohnzahlungen aus. Mit dem erbeuteten Geld habe er zwei seiner Kinder beim Umzug unterstützen wollen.  

Das Gericht hat insgesamt fünf Verhandlungstage anberaumt. So lange bleibt der Riesaer auf alle Fälle in Haft. Die hat ihn stark mitgenommen. "Vor allem die erste Zeit war für mich die Hölle. Ich habe viel nachgedacht und will jetzt klar Schiff machen", sagt der Angeklagte. Der Vorsitzende Richter rät ihm dringend, sein Geständnis noch einmal zu überdenken, vor allem was die Autoeinbrüche angeht. Es fällt nämlich auf, dass immer unmittelbar nach den Einbrüchen Überweisungen von den jeweiligen Konten der Autobesitzer auf Konten des Angeklagten oder dessen Sohnes  getätigt werden sollten. Möglicherweise werden die Geschädigten als Zeugen Licht ins Dunkel und die Verteidigungsstrategie zum Einsturz bringen. Ein vollumfängliches Geständnis könnte zu einer deutlich geringeren Strafe führen. Üblicherweise gibt es in einem solchen Fall rund 30 Prozent "Strafrabatt". 

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