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1.000 Leute beim Corona-Protest an B96

Alles verlief friedlich. Aber auch zwei Reichskriegsflaggen fielen heute auf.

Von Holger Gutte
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In Ebersbach standen heute unter anderem diese Demonstranten an der Kreuzung am Goldenen Löwen.
In Ebersbach standen heute unter anderem diese Demonstranten an der Kreuzung am Goldenen Löwen. © Matthias Weber/photoweber.de

Es werden immer mehr. Schon am Sonntag vor einer Woche standen Hunderte an der B96 von Zittau bis Oppach an der Bundesstraße, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. An diesem Sonntag sind die Grüppchen und kleinen Menschenschlangen noch größer gewesen. Entlang der gesamten B96 demonstrierten Menschen unterschiedlicher Auffassungen von Zittau bis ganz hinauf nach Sassnitz eine Stunde lang.

Zumindest offiziell war es keine Demo. Denn angemeldet war die Aktion von 10 bis 11 Uhr nicht. Die SZ fuhr die Strecke von Zittau bis Oppach ab. Punkt 10 Uhr standen schon etwa 30 Leute, meist Familien mit Kindern, an der Dresdner Straße in verschiedenen Gruppen. Sie hielten Deutschland- und Sachsen-Fahnen, aber auch viele selbst gemalte Transparente aus Pappe in der Hand.

Viele Menschen protestierten am Sonntag entlang der B 96 von Zittau bis Oppach, so wie hier am Ortsausgang von Zittau.
Viele Menschen protestierten am Sonntag entlang der B 96 von Zittau bis Oppach, so wie hier am Ortsausgang von Zittau. © Matthias Weber/photoweber.de
Rainer Herbst hatte sich gleich zwei Transparente umgehangen, auf denen er seine Meinung nicht hinterm Berg hielt. 
Rainer Herbst hatte sich gleich zwei Transparente umgehangen, auf denen er seine Meinung nicht hinterm Berg hielt.  © Matthias Weber/photoweber.de
Vorwiegend junge Familien standen mit Transparenten am Landberg bei Oderwitz.
Vorwiegend junge Familien standen mit Transparenten am Landberg bei Oderwitz. © Matthias Weber/photoweber.de
Dieser Mann hält die Schwedenfahne in der Hand, weil Deutschland sich seiner Meinung nach an dem Land ein Beispiel nehmen könnte. 
Dieser Mann hält die Schwedenfahne in der Hand, weil Deutschland sich seiner Meinung nach an dem Land ein Beispiel nehmen könnte.  © Matthias Weber/photoweber.de
In Eibau schlüpften diese Demonstranten gleich in Schutzkleidung. 
In Eibau schlüpften diese Demonstranten gleich in Schutzkleidung.  © Matthias Weber/photoweber.de
Eine Seifhennersdorferin zeigt in Eibau offen die Reichsflagge. 
Eine Seifhennersdorferin zeigt in Eibau offen die Reichsflagge.  © Matthias Weber/photoweber.de
An der Kreuzung am Goldenen Löwen wehten auch einige Reichsflaggen. 
An der Kreuzung am Goldenen Löwen wehten auch einige Reichsflaggen.  © Matthias Weber/photoweber.de

Am Ortsausgang am Watzdorfheim standen reichlich zehn Leute. Viele kennen sich nicht. Mit dabei ist auch Rainer Herbst, der als einer der wenigen Mund- und Nase verdeckte. Eigentlich ganz vermummt ist. Er hat sich zwei Transparente umgehangen. "Wir sind das Volk und nicht diese Dilettanten aus Berlin" steht auf dem einen Transparent. Und darunter: "Nach dem Reden Gusche abwischen." Unter diesen Spruch hat er eine Klopapierrolle gehangen. "Weil sie nur Scheiße reden", sagt er.

Ein paar Meter weiter demonstriert eine Familie gegen eine Impfpflicht und eine totale Überwachung. Andere schwenken Deutschland- und Sachsen-Fahnen. Viele Autos, die vorbeifahren, hupen. Einige fahren extra langsam, strecken ihnen ihren Arm mit dem Daumen nach oben entgegen. Auch die Polizei zeigt Präsenz auf der B96. Aber alles ist friedlich. 

In Mittelherwigsdorf stehen etwa 35 Leute zwischen Gütchen und Schule. Zwei tragen T-Shirts mit "Division Sachsen" und zeigen offen ihre rechte Gesinnung. Die anderen haben meist Transparente in der Hand, auf dem sie ihrem Ärger Luft machen. Sie sprechen die unterschiedlichsten Themen an. Viele sind gegen eine Impfpflicht. Andere glauben den Nachrichten und den Aussagen der Politiker nicht. "Sie wollen die Wahrheit hören", steht auf einigen Transparenten. Auch am Ortsausgang von Mittelherwigsdorf steht wieder eine kleine Menschengruppe. 

Am Landberg in Oderwitz versammeln sich gleich mehrere Demonstranten-Gruppen. Die erste ist kleiner und knapp zehn Personen stark und besteht aus meist älteren Leuten. Wenige Meter weiter an der Raststätte sind es schon 22 Personen. Familien mit Kindern sind darunter.

Immer wieder hupen vorbeifahrende Autos

Yvonne Müller aus Jonsdorf gehört mit ihren drei kleinen Kindern dazu. Jeder hat ein eigenes Transparent. "Wir wollen wieder Kindergeburtstag feiern",  steht auf einem. Alle drei Kinder hatten im März und April Geburtstag. Aber ihre Freunde konnten nicht kommen. Eine Frau hat eine große Freidenker-Bommel dabei. Am Landberg selber steht die nächste Gruppe von Gegnern der Corona-Maßnahmen. 

Immer wieder hupen vorbeifahrende Autos und grüßen die Fahrer mit Lichthupe. In Oderwitz stehen vom Ortseingang bis zur Apotheke gleich mehrere Gruppen. Zwölf Leute sind es allein an der Apotheke. Ein Mann hält die schwedische Fahne in der Hand. Er findet es gut, wie Schweden mit der Corona-Pandemie umgeht. Die haben keine Maskenpflicht, keine Schule geschlossen. Sie vertrauen auf die Einsicht der Menschen", sagt er, will aber seinen Namen nicht nennen.

Alle paar hundert Meter stehen in Oderwitz zehn bis 15 Personen große Gruppen beieinander. Deutschland-, Sachsen- und Oberlausitzfahnen wehen im Wind. Beim Otto-Bäcker sind es etwa 20. In Höhe Tankstelle sind es schätzungsweise 50 bis 60 Personen. Hier weht auch eine schwarz-weiß-rote Reichsflagge - die aber nicht verboten ist. Etwa 70 Personen demonstrieren auch am Ortsausgang. Hier sind aber nur Deutschland-Fahnen zu sehen. 

In Eibau hängt eine Reichskriegsflagge, aber auch diese Version ist nicht verboten. Hier gibt es mehrere Gruppen, die zwischen 40 bis 50 Personen bestehen. Am Volkshaus sind es sogar mindestens 70. Auf der B96,  in Höhe Faktorenhof,  sind es in Eibau noch viel mehr. So weit das Auge reicht, stehen hier die Leute dicht an dicht.

Auch Ingrid Weitz steht hier. Sie hält eine schwarz-weiß-rote Reichsflagge in der Hand. "Das ist nicht verboten", sagt sie. Die Seifhennersdorferin verweist auf den Versailles-Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg. 

Etwa 300 Personen demonstrieren allein am Goldenen Löwen

An der Kreuzung Goldener Löwe in Ebersbach ist mit Abstand der größte Menschenauflauf. Zwischen 250 und 300 Personen könnten es sein. Die unterschiedlichsten Motive haben sie bewegt, hier mitzumachen. "Ein Mann hält ein Plakat hoch auf dem steht: "Wir sind keine Rechten und keine Linken. Wir sind Deutsche." Die unterschiedlichsten politischen Anschauungen werden hier vertreten. Einige zeigen aber auch offen ihre rechte Gesinnung. 

Immer wieder stehen auch in Ebersbach, Friedersdorf und Oppach größere und kleinere Gruppen. Sie halten meist selbst gemalte Transparente in der Hand, mit denen sie gegen die Corona-Maßnahmen auftreten. Immer wieder werden auch Deutschland-Fahnen hochgehalten. Zwischen dem "Goldenen Löwen" in Ebersbach und dem Ortsausgang von Oppach sind es noch einmal schätzungsweise 300 Personen. Auf der gesamten Strecke waren es knapp 1.100 Menschen.

Zwischen Zittau und Oppach wurde von einigen rechten Gruppierungen, aber nur wenigen Personen, die Protestaktion an der B96 unterwandert. Einige Reichsflaggen waren zu sehen. Auch zwei Reichskriegsflaggen und eine der Identitären Bewegung fielen auf.  AfD-Fahnen waren nicht zu sehen. 

"Es gab keine Zwischenfälle. Alles lief auf der B96 zwischen Zittau und Oppach friedlich ab", schildert auf Nachfrage der SZ am Nachmittag der Diensthabende im Lagezentrum der Polizeidirektion in Görlitz. 

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