B96-Proteste: Polizei ermittelt in 18 Fällen

Bei der Polizei laufen im Zusammenhang mit den sonntäglichen B96-Protesten aktuell 18 Ermittlungsverfahren. Das teilte die Polizeidirektion Görlitz auf Nachfrage mit. Dabei geht es zum einen um potenzielle Straftaten, die direkt vor Ort bei den B96-Protesten aufgefallen sind, zum anderen um Äußerungen von Mitgliedern in der gleichnamigen Facebook-Gruppe "Stiller Protest B96". Darüber war in der Gruppe auch mehrfach berichtet worden. Derzeit verfolgt die Polizei allein vier Fälle, wo Internet-Kommentare strafrechtlich relevant sein könnten. Dazu wurden nach Angaben von Kai Siebenäuger Vorladungen an drei Personen verschickt, die zu den Vorwürfen gehört wurden oder noch vernommen werden sollen.
Insgesamt ermittelt die Polizei in jeweils vier Fällen wegen Nötigung im Straßenverkehr, wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten sowie Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Jeweils zwei Mal wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Beleidigungen verfolgt. Hinzu kommen je ein Fall von Sachbeschädigung und Nötigung im Straßenverkehr in Tateinheit mit Beleidigung.
Ermittlungen nach Autokorso dauern noch an
Zwei Onlineanzeigen liegen nach Angaben des Polizeisprechers zudem derzeit zur rechtlichen Würdigung bei der Staatsanwaltschaft Görlitz vor. Sie beziehen sich auf die sogenannte "Karawane der Vernunft", einen Autokorso, der unter anderem vom Verein "Augen auf" und dem Deutschen Gewerkschaftsbund am 14. Juni organisiert worden war. Gegenseitige Provokationen hatten an diesem Tag mehrfach zu Aggressionen entlang der B96 auf beiden Seiten geführt. "Eine der Onlineanzeigen hat die abgeklebten Kennzeichen zum Gegenstand, welche jedoch unter Vorbehalt weiterer Auflagen durch die Polizei genehmigt worden waren", erklärt der Polizeisprecher und fügt hinzu: "Eine Onlineanzeige erfolgte wegen Vermummung einiger Versammlungsteilnehmer in den Fahrzeugen des Aufzuges." Da jedoch das Tragen von Mundschutz Teil der Auflagen für diesen Autokorso war, sei hier eine weiterführende Tatbestandsprüfung erforderlich, erklärt Siebenäuger. Das Ergebnis sei noch offen.
Bei der Frage, ob die regelmäßigen Proteste inzwischen nicht den Charakter einer Veranstaltung hätten und damit angemeldet werden müssten, verweist die Polizei auf den Kreis als zuständige Versammlungsbehörde. Immerhin kommen an manchen Stellen der Bundesstraße - wie beispielsweise am Goldenen Löwen in Ebersbach - ja regelmäßig viele Menschen, mitunter ganze Familien zusammen. Auf Nachfrage erklärte Kreissprecherin Susanne Lehmann, dass es sich beim "Stillen Protest B96" nach Auffassung des Landkreises aber nach wie vor um "keine Veranstaltung im eigentlichen Sinne" handle. So trete niemand als Veranstalter auf, an den man sich wenden könnte, um Auflagen geltend zu machen.
Die in den sozialen Netzwerken agierenden Administratoren seien nicht als Veranstalter anzusehen, schätzt der Kreis ein. Die Menschen träten spontan aus ihren Häusern an die Straße. Diese Art der "spontanen Versammlungen" ist zulässig, bestätigt auch die Polizei. "Dennoch unterliegen sie auch dann den Vorgaben des Versammlungsgesetzes", fügt der Polizeisprecher hinzu.