Von Angelika Dornich
Lisa Marie liegt friedlich schlummernd in ihrem Bettchen. Sie ist erst knapp sieben Wochen alt und braucht noch viel Schlaf. Zu Hause ist sie mit Mutti, Vati und ihrer vierjährigen Schwester Laura auf der Zittauer Neustadt. Und zwar schon fast von Geburt an.
„Lisa Marie ist um 19.35 Uhr geboren, gegen 23.30 Uhr waren wir bereits mit ihr zu Hause und sind alle vier gemeinsam in ein großes Bett schlafen gegangen“, erzählt Ute Wunderlich. „Es gibt nichts Schöneres“, schwärmt die Mutter. Und die Geburt verlief tatsächlich so, dass man sagen kann: Es ist das schönste Ereignis im Leben einer Frau, einer Familie. „Solche könnte man zig davon haben“, sagt Ute Wunderlich.
Sie hat ihre zweite Tochter im Löbauer Geburtshaus „Storchennest“ zur Welt gebracht. „Naja, das lag vor allem an der Betreuung durch die Hebamme Manuela Kramer nach der Geburt unserer ersten Tochter“, erklärt Frau Wunderlich. Aber sie habe auch schon überlegt, ob sie ihr erstes Kind im „Storchennest“ gebärt. Doch das war im Winter, und wegen der nicht absehbaren Straßenverhältnisse wählte sie lieber die ortsansässige Klinik. Als dann das zweite Kind unterwegs war, stand fest, dass sie es im Löbauer Geburtshaus zur Welt bringt.
Einerseits gaben ihr die gemütliche, familiäre Atmosphäre und die ihr Kraft und Mut zusprechenden Hebammen ein gutes Gefühl. „Mein Mann wurde sogar richtig mit einbezogen, stand nicht nur hinter der Glasscheibe“, berichtet sie. Andererseits fand sie es angenehm, mit dem Baby gleich daheim zu sein und alle um sich herum zu haben. „Man fühlt sich nicht krank, und das Ganze hat mich überhaupt nicht belastet“, sagt Ute Wunderlich. Am nächsten Tag ist auch gleich die Hebamme gekommen, „und je nachdem, wie’s einem geht, schaut sie auch drei- bis viermal täglich rein“. In der ersten Woche nach der Geburt kommt sie sowieso jeden Tag, macht auch gleich den Test auf etwaige Stoffwechselerkrankungen beim Baby mit. Sogar der Kinderarzt würde zur „U 2“, der zweiten Untersuchung des Säuglings ins Haus kommen, wenn es der Mutter noch nicht so geht. Aber Frau Wunderlich hatte ja keine Probleme und konnte selbst die Arztpraxis aufsuchen.
Auch nach dem Wochenbett sind die vier freiberuflichen Hebammen Barbara Freyer, Konstanze Ludwig, Manuela Kramer und Katrin Hahn vom Geburtshaus „Storchennest“ noch für die Mütter da. Sei es bei Stillproblemen, mit der Rückbildungsgymnastik oder Anleitung zur Babymassage. „Wir gewähren also angefangen von Geburtsvorbereitungskursen eine Rundumbetreuung“, sagt Barbara Freyer, „und haben auch in Zittau eine Hebammenpraxis.“
Über die Nachfrage brauchen sich die „Storchennestler“ nicht zu beklagen. 80 bis 90 Kinder werden jährlich im Löbauer Geburtshaus geboren. „Im vergangenen Jahr hatten wir 130 Anmeldungen, davon kam es dann zu 82 Geburten, weil bei den restlichen aus medizinischer Sicht eine Entbindung im Geburtshaus nicht möglich war“, erklärt Hebamme Freyer. Das Einzugsgebiet reicht von Kamenz, Bischofswerda, Bautzen, Görlitz bis Zittau. Die Betriebskosten werden mittlerweile fast von allen Krankenkassen übernommen. „Die Muttis haben nur den Rufbereitschaftsbetrag von 77 Euro zu zahlen“, sagt Frau Freyer.
Das erste Storchennest-Kind konnte übrigens gar nicht die offizielle Eröffnung des Geburtshauses erwarten. Konrad aus Beiersdorf kam bereits am 27. Mai 1998, 0.02 Uhr, zur Welt.