Frau Grünberger, Sie sind als Mitglied des Vereins zur Förderung der Berufsbildung und Berufstätigkeit für das Schreibbüro und die Kleiderkammer in Neustadt verantwortlich. Wie hat sich die Nachfrage in der Kleiderkammer entwickelt?
Die Nachfrage ist in den 16 Jahren unseres Bestehens gestiegen. Durch diesen Zuwachs haben wir uns auch räumlich vergrößert.
Sie können ja nur die Kleidungsstücke weitergeben, die Sie erhalten. Nehmen Sie alles, was Ihnen angeboten wird?
Die Mitarbeiterinnen achten darauf, dass die Kleidungstücke gut erhalten und modisch sind. Denn keiner möchte in alten Sachen herumlaufen. Die Frauen an der Annahme wissen, was sie nehmen können und was nicht.
Wer nutzt das Angebot der Kleiderkammer vor allem?
Zu uns kommen sozialschwache ebenso wie Menschen, die Arbeit haben, deren Lohn aber geringer als Arbeitslosengeld ist. Unsere Mitarbeiterinnen fragen jeden, ob er Hartz IV-Empfänger ist. Außerdem kommen natürlich auch viele Familien mit Kindern zu uns.
Warum wollen Sie wissen, ob es sich um HartzIV-Empfänger handelt?
Wir wollen generell den Status erfahren, um einen Überblick für die Statistik und zur Abrechnung gegenüber der Arge zu haben.
Kostet es denn etwas, sich bei Ihnen „einzukleiden“?
Ja, weil wir als Verein für die Betriebs-, Anschaffungs- und Materialkosten aufkommen müssen. Der Preis richtet sich nach unserem Katalog. Jacken und Anoraks kosten zum Beispiel, je nach Zustand, zwischen drei und fünf Euro. Sehr gute Sachen sind auch teurer.
Woher kommen die, die bei Ihnen Hilfe suchen?
Natürlich aus Neustadt und seinen Ortsteilen, aber auch aus Stolpen, Bischofswerda und Sebnitz. Wir haben uns im Laufe der vielen Jahre einen guten Ruf erarbeitet, da wir sehr viel Wert auf Sauberkeit und Ordnung in unseren Räumen legen und uns sehr gern und individuell um die Menschen kümmern.
Es ist schon ein gutes Gefühl für Ihre Mitarbeiter, wenn sie so gebraucht werden…
Für die Mitarbeiter ist es immer wieder schön, wenn sie in ein glückliches Gesicht sehen. Und es ist auch eine Bestätigung für die Mitarbeiter, dass ihre Arbeit geschätzt und gebraucht wird.
Kommen jetzt in der kälteren Jahreszeit mehr Menschen?
Nein, es hängt eigentlich nicht so sehr von der Jahreszeit ab, ob und wie viele Menschen kommen. Es gibt Stammkunden, die jede Woche oder jeden Monat kommen. Aber wir sehen auch immer wieder viele neue Gesichter. Zum Monatsanfang kommen mehr als zum Ende, man merkt, wenn der Etat erschöpft ist.
Nutzen mehr Frauen oder mehr Männer die Kleiderkammer?
Es gibt da keinen großen Unterschied. Jedoch schämen sich viele Männer eher, zu uns zu kommen und schicken deshalb ihre Frauen, damit sie für sie Sachen besorgen.
Welche Kleidungsstücke brauchen Sie zurzeit besonders?
Kinderbekleidung ist derzeit sehr gefragt. Wir nehmen aber auch andere Kleidungsstücke. Wenn Platz vorhanden ist, freuen wir uns auch über einen gewissen Teil an Möbelstücken. An manchen Nachfragen sieht man, wie die Realität aussieht.
Wo ist denn die Nachfrage besonders groß?
Ganz kleine Babysachen werden in letzter Zeit sehr stark nachgefragt, da hätten wir gern noch mehr im Angebot.
Und wenn jetzt jemand in Ihrem Verein helfen will?
Die Frauen, die bei uns tätig sind, arbeiten auf Ein-Euro-Basis. Freiwillige Helfer in diesem Sinne brauchen wir nicht, das sichern wir über unseren Verein ab.
Das Gespräch führten Lydia Lehmann und Heike Sabel
Kleiderkammer: Dr. Bernhard- Thieme- Straße 6, 01844 Neustadt, 03596/580826, Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch von 7 bis 15.45 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 7 bis 18 Uhr, Freitag von 7 bis 13.45 Uhr.