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Bäcker hat er von der Pike auf gelernt

Porträt. Bald feiert Jürgen Lange ein Jubiläum: Seit 20 Jahren betreibt er seine Großerkmannsdorfer Bäckerei. Ein Traumberuf – findet er jedenfalls.

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Von Iris Schmidt

Es riecht so lecker im Laden an der Hauptstraße in Großerkmannsdorf. Am liebsten möchte man gleich in die knusprigen Semmeln hineinbeißen. Sie sind schrundig und goldgelb. Das Brot glänzt braun im Regal. In den Kühlschränken steht alles, was zu einem schmackhaften Frühstück gehört. Hier gibt es noch ehrliche Handwerksarbeit zu kaufen, die gesund ist und schmeckt. An den Stehtischen frühstücken einige Kraftfahrer. Ernst Karl aus Pirna kommt regelmäßig hier vorbei und hält immer an. „Mir schmeckt es halt so gut hier bei Langes“, sagt der Mann in der Arbeitskluft.

Jürgen Lange freut sich über den Zuspruch seiner Kunden, die ihm treu sind. „Das ist wichtig für eine Bäckerei in einem Dorf“, sagt der 1953 Geborene. Laufkundschaft gibt es hier weniger. Höchstens ein paar Pirnaer, die mal vor dem Haus nahe der Kirche anhalten und schnell noch ein Brot kaufen. Seinen zweiten Laden hat Lange in Radeberg, in der Schillerstraße. „Der Umsatz ist halbe halbe“, sagt der Geschäftsmann, der der Chef des Familienunternehmens ist.

Hefezopf und kleine Brote

Bäcker zu sein und täglich sehr früh aufstehen zu müssen, das war wirklich und wahrhaftig sein Traumberuf, versichert er. Seine Großmutter hatte ihn auf diese Idee gebracht. Sie führte den Spruch vom Handwerk, mit dem goldenen Boden im Mund. Zuerst schaute sich der junge Mann in der Metallbranche nach einer Lehrstelle um. Aber das war nicht so seins. Dann bekam er einen Tipp. „Päßlers in Radeberg suchten damals einen Lehrling“, erinnert er sich. So wurde Jürgen Lange dann Bäcker– und blieb 17 Jahre seinem Meister Herbert Päßler in Radeberg treu. Hier machte er auch seine Gesellenprüfung und später seinen Meister.

Das war 1978. Die Urkunde im Großerkmannsdorfer Laden zeugt davon. Beim alten Meister habe er alles gelernt, von der Pike auf: Wie man einen Hefezopf bäckt oder auch kleine Brote. Aber mit denen sei es schnell vorbeigewesen, erinnert er sich, die wurden verboten. In der DDR war vieles vorgeschrieben gewesen. Und weil die Scheiben von den Vier-Pfund-Broten perfekt in die „Bemmenbüchsen“ passten, wurden die Bäcker angewiesen, nur noch große Brote zu backen. Ja, solche Schnorren kann der Jürgen Lange erzählen…

Mittlerweile erleben die großen Brote wieder eine Renaissance. Das erklärt sich der gebürtige Radeberger so: „Die Leute sind es so gewöhnt.“ Viele führten das Wort „früher“ im Munde. Dass die Ost-Brötchen ohne Luft nach wie vor beliebt sind, das weiß auch seine Frau, die tüchtig mithilft. „Gleich nach der Wende haben die Kunden im Supermarkt das abgepackte Brot probiert und die Brötchen, sind dann aber ganz fix wieder zu uns zurückgekommen“, sagt sie. Jeder Bäcker hätte diese Erfahrung gemacht, damals eine gewisse Durststrecke durchstehen müssen. Ihr Mann ergänzt: „Das Sauerteigbrot kann man gut und gern als Ökobrot bezeichnen“. Nur Roggenmehl käme bei ihm hinein, Wasser, Salz und eben die Masse, die sich in der Schüssel ständig vermehrt.

Lange ist der erste Bäcker in seiner Familie, aber nicht der letzte. Er gibt sein Wissen und seine Erfahrungen an einen seiner Söhne weiter. Der ist bei ihm Geselle, könnte die Firma weiterführen. Eigentlich kann der Mann nicht meckern, aber eine Sache drückt ihn doch: die Nebenkosten. Die seien 2005 so gestiegen, man denke nur an das Benzin und den Gaspreis, da koste es schon ziemlich viel Kraft, die Preise stabil zu halten. Dass er ein großes Brot für über sechs Euro wie in Westdeutschland verkaufen könnte, hält er hier für ausgeschlossen. Schließlich haben die Leute im Osten nicht so viel Geld, weiß er. „Aber wir geben uns große Mühe, diese Preissteigerungen nicht oder höchstens centweise an die Kunden weiterzugeben“, sagt Lange. In dieser Strategie unterstützt ihn seine Frau. Mit ihr an seiner Seite, ist selbst das kein Problem. Seine Silvia holte er sich damals aus Großröhrsdorf, erzählt er. Beide sind fast 26 Jahre verheiratet.

Bäckerei war dicht

Nach Großerkmannsdorf hat es ihn verschlagen, als er hörte, dass hier die Bäckerei wieder geöffnet werden sollte. Die war ab 1973 für immerhin 13 Jahre geschlossen gewesen. Nun wurde doch wieder ein Bäckermeister gesucht. Lange, der von der Selbstständigkeit geträumt hatte, griff zu. Mittlerweile sind also 20 Jahre daraus geworden. Die Firma Jürgen Lange beschäftigt insgesamt fünf Leute und sie hat einen guten Namen in der Region.

Auch wenn ein Bäcker viel zu tun hat, manche Entbehrung auf sich nehmen muss: Bäcker – das war und ist sein Traumberuf.