Von Thomas Möckel
Der Backofen funktioniert wieder, Servicetechniker setzten das Aggregat wieder in Gang, der Schlamm ist raus, das Wasser auch. „Das sind so unsere kleinen Lichtblicke, wenn es wieder einen Schritt vorwärts geht“, sagt der Sebnitzer Bäckermeister Arndt Lehmann. Mühsam gewinnt die Zuversicht wieder die Oberhand, reichlich zwei Wochen nach der verheerenden Flut, die Haus und Backstube nicht verschonte und die Existenz der Bäckerei Niedermühle ins Wanken geraten ließ.
Am 7. August war Lehmann auf dem Sebnitzer Markt, sah, wie die Sebnitz über die Ufer trat, die Familie versuchte noch, Sandsäcke zu füllen, um das Haus zu schützen. Doch das Wasser war schneller.
Mit voller Wucht und gewaltiger Strömung schoss die Sebnitz gegen das Gebäude am Mühlgässchen, es folgte ein heftiger Donner. „Ich hatte Angst, dass die Hauswand einstürzt“, sagt Lehmann. Doch die Mauer des Hauses hielt stand, bis das Wasser auch innen einen Gegendruck aufgebaut hatte, hinten zur Backstube strömte das Wasser wieder hinaus.
Als die Brühe bauchhoch stand, versuchte die Familie, noch einiges zu retten, doch das Unterfangen scheiterte. Lehmann gab vorerst auf, schaute aus dem Dachfenster auf die Strudel, das Haus war wie eine Insel im reißenden Strom. Morgens 5 Uhr, als das Wasser gewichen war, wagte die Familie einen ersten Rundgang, erst jetzt wurde allen bewusst, was eigentlich passiert war. „Eine Flut mit einem solchen Ausmaß habe ich noch nicht erlebt“, sagt Lehmann.
Seit 34 Jahren führt er den Familienbetrieb, erst 2004 eröffnete er ein Café, seit der Wende investierte und modernisierte er immer wieder, es gibt auch eine Filiale in Hinterhermsdorf, eigentlich war so gut wie alles abgezahlt.
Dauerregen und Flut machten in wenigen Stunden vieles zunichte, Lehmann schätzt den Schaden auf rund 460000 Euro. Die Gebäude waren gegen Hochwasserschäden versichert, die Maschinen nicht.
Zwangspause zermürbt
1,50 Meter hoch stand das Wasser in der Backstube, verschluckte Maschinen und Backofen, Einrichtung und Ladentheke im Café, Backzutaten verklebten zu einem einzigen Klumpen, der Fußboden quoll auf. Ob er gänzlich erneuert werden muss, steht noch nicht fest. Zurzeit zermürbt ihn die Warterei, die Versicherung hat die Schäden aufgenommen, aber noch nicht entschieden, was alles gemacht werden muss, auch Geld ist noch keines geflossen. „Ich kann derzeit einfach nichts tun“, sagt Lehmann. Die Produktion ruht zwangsweise.
Doch der Bäckermeister will wieder agieren, produzieren, wegen des Betriebes insgesamt und wegen der fünf Angestellten. Es gibt einen technischen Kundendienst, der versucht, die Maschinen wieder flott zu kriegen. Gelingt das nicht, bekommt Lehmann für eine Übergangszeit Leihmaschinen.
Wichtig war ihm, sagt er, dass der Backofen wieder funktioniert, er ist die Voraussetzung dafür, das Lehmann wieder backen, verkaufen und seine Filiale beliefern kann. Wenn das Mühlgässchen fertig saniert ist, stellt er vielleicht zunächst einen Verkaufswagen vor die Bäckerei, bis die Feuchtigkeit endgültig aus den Räumen gewichen ist.
Allerdings benötigt Lehmann auch finanzielle Hilfe, möglichst sofort, denn viele Ausgaben laufen weiter, doch die Einnahmen bleiben zurzeit aus. Die vom Freistaat Sachsen angebotenen Kredite würden helfen, allerdings müssten die Tilgungszeiträume länger sein, ein Darlehen in 18 Monaten zurückzuzahlen, gelingt nicht.
Ende November, das ist Lehmanns Ziel, will er wieder backen, ob sich der Zeitpunkt halten lässt, ist aber noch fraglich. Doch jeder Tag ohne Produktion ist ein Tag ohne Umsatz, aber der Bäckermeister muss notgedrungen erst abwarten, welche Gelder ihm bewilligt werden.
Dennoch ist Lehmanns Aufbauwille ungebrochen, es geht um den Betrieb, um die Existenz, auch um die Kunden. „Ich hoffe nur“, sagt Lehmann, „dass mir meine Kunden treu bleiben, bis hier wieder alles läuft.“