Von Andreas Herrmann
Mit dem Leben sei es fast so wie mit den Brötchen, wenn sie nacheinander aus dem Ofen kommen. „Es ist eine Folge“, umschreibt Bäckermeister Siegfried Löffler scherzhaft seine Vita. In der vergangenen Woche feierte er im Betriebsgebäude der Bäckerei Schwerdtner an der Löbauer Breitscheidstraße seinen 75. Geburtstag mit Familie und vielen Bekannten. Von 10 bis 14 Uhr dauerte die Gratulationskur. „Viele Leute, die schon zu Siegfrieds 70. Geburtstag dabei waren, haben angefragt, ob wieder gefeiert wird“, freut sich auch seine Frau Eve-Marie. Sie freute sich, wieder viele neue, aber auch einige alte Gesichter aus den Anfangsjahren der Bäckerei Schwerdtner in Löbau wiederzusehen.
Wenn Jubilar Siegfried Löffler auf sein Leben zurückschaut, kann er zu Recht stolz sein: Die rund 40 Verkaufsfilialen der Bäckerei Schwerdtner sind ein Begriff – sowohl in der Oberlausitz zwischen Löbau, dem Oberland oder Bernstadt als auch in Dresden, wo es allein zehn Schwerdtner-Läden gibt.
Die Schwiegereltern des heutigen Jubilars, Walter und Else Schwerdtner, gründeten 1937 im schlesischen Lauban, heute Luban, das Unternehmen. Ihr Familienname Schwerdtner wurde nach der Vertreibung aus ihrer alten Heimat 1946 beibehalten. An diese Zeit erinnert sich Eve-Marie Löffler noch recht gut. „Innerhalb einer Stunde mussten wir fort sein“, berichtet sie. Gerettet hatte man vom alten Betrieb fast nur das Buch mit den alten Rezepten für Butterstreusel oder Stollen. Damit wagten sie in Löbau 1952 einen Neuanfang.
Siegfried Löffler führte ab 1975 den Betrieb. Als nach der Wende im Jahr 1994 die alte Konsum-Bäckerei auf der Breitscheidstraße liquidiert werden sollte, kam er als Retter und sichert bis heute rund 60 Arbeitsplätze allein in der Backproduktion. Die aufgenommenen Kredite für die Modernisierung der Technik müssen bis auf den heutigen Tag zurückgezahlt werden. Hinzu kam natürlich auch, dass die alte Backstube an der Nikolaistraße zu klein für den großen Hunger der Nachwendejahre geworden war.
Sohn Wicky und Tochter Sabine setzen heute die Bäckerei in der dritten Generation fort und auch deren Kinder beschäftigen sich mit dem Bäckereihandwerk. Eine Enkeltochter von Siegfried Löffler hat in Dresden einen eigenen Bäckereibetrieb. Wichtig war in der Bäckerei Schwerdtner auch immer die Ausbildung. Insgesamt rund 600 Lehrlinge sind bisher durch die Bäckerschule von Siegfried Löffler gegangen. Dabei denke man nicht nur an den Bedarf in der eigenen Backstube. Erst vor zwei Jahren legten Löfflers für sich selbst fest, etwas ruhiger zu treten. Es habe sich ergeben, dass sein Ruhestand von fließenden Grenzen gekennzeichnet sei, weil da hin und wieder doch der eine oder andere Rat im Backbetrieb gefragt war, sagt er.
Ein „Hobby“ allerdings gebe es doch, meint der Jubilar scherzhaft. Dieses sei durchaus seine Schwiegermutter Else Schwerdtner, die täglich vor zehn Uhr in die Tagespflege geschafft werden muss. Gegen 15 Uhr wird die Seniorin dann wieder abgeholt. Solche Hilfe unter Familienangehörigen ist bei den Löfflers ganz normal. Einen Garten in Lawalde besitze die Familie auch, aber auch dort geht es eher unspektakulär zu, schätzt Siegfried Löffler ein. Man nutze diesen grünen Raum mit ein paar Obstbäumen, Rasen, Sonne und guter Luft einfach, um sich nach vielen Arbeitsjahren in der Bäckerei im Alter zu entspannen.
Größere Reisen stehen bei Löfflers ebenfalls kaum auf dem Plan. Vielleicht mal eine Tagesfahrt könne man sich vorstellen. Viele Gedanken seien eigentlich immer noch beim Betrieb, gibt Siegfried Löffler unumwunden zu. Hier hängen auch seine beruflichen Ehrungen wie ein goldener Meisterbrief von der Handwerkskammer Dresden und der Oscar für den Mittelstand von 2002, den er bekommen hat, weil er Arbeitsplätze erhielt und sogar noch zusätzliche schuf.
Darauf kann er stolz sein. Auch sonst dürfte die nächste Zeit nach dem 75. Geburtstag für ihn vom Alltag zwischen Bäckerei und Familienleben bestimmt sein. Und die 75 feiern kann er in diesem Jahr eigentlich gleich zweimal: Die Bäckerei Schwerdtner ist nämlich genauso alt wie Siegfried Löffler selbst.