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Baggern am Welterbe

Elbtal. Östlich von Dresden soll Kies abgebaut werden – unmittelbar an der Grenze zum Welterbegebiet. Die Verwaltung ist skeptisch.

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Von Thilo Alexe

Die Debatte um den Welterbetitel wird um eine Facette reicher. Neben die Frage, inwieweit der Verkehr im Zuge der geplanten Waldschlößchenbrücke den Status gefährdet, tritt jetzt noch eine andere. Wie vertragen sich Welterbe und Industrie?

Im Osten der Stadt, eigentlich vor den Toren Dresdens, soll Kies gefördert werden. Ein Zipfel des Tagebaus Söbrigen lappt ins Dresdner Stadtgebiet, wie Stadtplanungsamts-Mitarbeiterin Manuela Fritschek sagt. Er liege nicht im Kerngebiet des Welterbetals, dessen Anfangspunkt das Dörfchen markiere, sondern in der sogenannten Pufferzone. Darf da gebaggert werden?

Lebensraum für Zugvögel

Anwohner meinen: Nein. „Ein Kieswerk und Kiesabbau in einer solchen Region zu installieren, halten wir für unvereinbar mit dem Schutzanliegen, welches für eine Unesco-Welterbezone gilt“, mahnt die Bürgervereinigung gegen Kieswerk und Kiesabbau in Söbrigen in einem Schreiben an Dresdner Stadträte. Zudem sei die Landschaft um Söbrigen Teil des Schutzgebietes Elbaue. Der Abbau gefährde den Lebensraum für Zugvögel und beeinträchtige den Hochwasserschutz. Die Dresdner Verwaltung reagiert ebenfalls mit Skepsis. „Wir sind damit nicht glücklich“, sagt Fritschek mit Blick auf das Vorhaben der Kieswerke Borsberg. Die Welterbelandschaft wird nach ihrer Einschätzung durch meterhohe Förderanlagen beeinträchtigt – auch wenn diese knapp vor dem Kerngebiet stehen.

Fritschek hat die Stellungnahme der Stadt im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens geschrieben. Über den geplanten Abbau entscheidet das sächsische Oberbergamt in Freiberg.

„Wir werden mindestens noch ein Vierteljahr benötigen“, sagt dessen Sprecher Ulrich Klieboldt. Die deutsche Unesco-Kommission, die ihren brückenkritischen Standpunkt recht offensiv vertritt, äußert sich in dieser Frage verhältnismäßig zurückhaltend. Der Welterbestatus schließe industrielle Nutzung nicht aus, sagt der stellvertretende Generalsekretär Dieter Offenhäuser. Allerdings sollte das Welterbekomitee in Paris bei Großprojekten als Moderator eingeschaltet werden.

Die Kieswerke Borsberg jedenfalls müssen viele Interessen berücksichtigen. Den ursprünglichen Plan eines mehr als zwei Kilometer langen Förderbandes im Pirnaer Elbbogen, das den Kies von Söbrigen in den bereits genutzten Tagebau Pratzschwitz bringen soll, hat es aufgegeben. Anwohner hatten sich gegen die lärmende Anlage gewehrt.

Die im Juli von Betriebsleiter Wolfgang Rudolph verkündete Strategie: Im Tagebau in Copitz soll bis 2020, in Pratzschwitz bis 2010 Kies geschürft werden. Das Kieswerk in Copitz soll zwei Jahre vor Abbauende verlegt werden – an den Rand des Tagebaus Söbrigen.