Von Stefan Rössel
Binnenreedereien wünschen seit Jahren einen Ausbau der Elbe, um ihnen das Leben zu erleichtern. Flath ist strikter Gegner des Projekts. Als ersten Grund nennt er heute, da die Jahrhundertflut in frischer Erinnerung ist, den Hochwasserschutz. Aber auch der Energieverbrauch und die Umweltbelastung durch Schadstoffe sei bei Flusskähnen erheblich höher als bei der Eisenbahn.
Außerdem hat die Elbe nach Flaths Einschätzung kein Potenzial zum Wachstum. „Sonst müsste man den Rhein kopieren“, warnte Flath im Gespräch mit der SZ. Die Transporte seien von der Wende bis 1999 um 4,1 auf 4,4 Millionen Tonnen zurückgegangen. Und selbst bei einer Vertiefung um 20 Zentimeter würde die Wirtschaftlichkeit des Schiffstransports nur marginal verbessert.
Die Europäische Union setzt in ihren Plänen für den transeuropäischen Verkehr dagegen auch auf ein „kohärentes Binnenwasserstraßennetz“, um der Schifffahrt „optimale Bedingungen“ zu verschaffen. Für das Südosteuropa der Zukunft ist sogar eine Kanalverbindung zwischen Oder, Elbe und Donau mit Weiterführung an die Adria ins Auge gefasst. Und es wird darauf hingewiesen, dass der Hamburger Hafen in Prag als das „Tor Tschechiens zu den Weltmeeren“ gilt. Seit 1925 verfügt der Nachbarstaat dort über 40 000 Quadratmeter eigenes Territorium, den „Moldauhafen“.
Eine gemeinsame Bahnpolitik hat es dagegen in Europa schwer, überhaupt Fuß zu fassen. Minister Flath wirft der Deutschen Bahn AG vor, das Thema Osterweiterung zu ignorieren: „Die DB schläft so dahin.“ – Im Verkehrskommissariat der EU wird ebenfalls bemängelt, dass „15 voneinander abgeschottete und auf ein nationales Netz beschränkte Systeme“ nebeneinander her arbeiten. Die Techniken sind nicht kompatibel. „Langsamer als ein Eisbrecher“ kommt der grenzüberschreitende Gütertransport mit nur 18 km/h Durchschnittstempo voran, kritisierte Kommissarin Loyola de Palacio.
Dabei drängt die Zeit. Bis zum Jahr 2015 wird für Sachsen eine Verdoppelung des Güterverkehrs erwartet. Der Straßenverkehr soll bis 2030 um 30 Prozent zulegen. Flath sieht in der zunehmenden Umweltbelastung durch den steigenden Verkehr schon jetzt „eine der größten Herausforderungen für die nächsten Jahre“.
Außerdem fürchtet er, dass damit auch die grenzüberschreitenden Autobahnen – wenn sie denn einmal fertig gestellt sind wie die A 17 Dresden–Prag und die Fortsetzung der A 4 zum polnischen Wroclaw (Breslau) – bald überlastet sein dürften. Kommissarin de Palacio erwartet auf Grund der EU-Erweiterung eine „Verkehrsexplosion insbesondere in den Grenzgebieten“.
Als einzig wirksame Alternative zur Umweltbelastung durch den Straßenverkehr und die Überforderung der Autobahnen sieht Flath den Ausbau des Eisenbahnnetzes über die Staatsgrenze hinweg in den südosteuropäischen Raum.
Konkret befürwortete Flath im Gespräch mit der SZ zwei Strecken, die zum Teil völlig neu gebaut werden müssten:
Erstens von Berlin über Dresden nach Prag mit Querung des Erzgebirges und Weiterführung ins ungarische Budapest. Ein Ausbau der bestehenden Strecke durch das Elbtal bringe nach seiner Einschätzung „kaum mehr Kapazität“.
Zweitens eine West-Ost-Verbindung von Frankfurt/Main über Dresden und Wroclaw bis zur ukrainischen Hauptstadt Kiew. Mit diesen beiden Linien würde Dresden zu einem Kreuzungspunkt des transeuropäischen Güterverkehrsnetzes der Bahnen.
Als Träger solcher Projekte könnten nach Flaths Vorstellungen Konkurrenten zur Deutschen Bahn AG auftreten. Ihre Chance könnten private Gesellschaften suchen, die von vornherein staatenübergreifend agieren. Damit wäre auch das Problem der Koordinierung unterschiedlicher technischer und organisatorischer Systeme nach nationalstaatlichen Traditionen von Anfang an umgangen.