Von Peter Redlich
Die S-Bahnfahrer zwischen Coswig und Radebeul-Ost müssen seit diesem Monat neue Bahnsteige nutzen. Überall sind es Behelfslösungen, weil die gerade neu verlegten Gleise dann ab 2014 eigentlich die Fernbahngleise sein werden. Die SZ hat getestet, wie die Fahrgäste mit den Notlösungen zurecht kommen.
Sehr weite Wege in Radebeul-Ost
Kerstin Fischer fährt hier nicht jeden Tag S-Bahn. Sie hatte sich rechtzeitig die Abfahrtszeit notiert und war auch rechtzeitig am Bahnhof. Dachte sie jedenfalls. Denn vom Bahnhofsgebäude in Radebeul-Ost zum S-Bahnsteig Richtung Dresden sind es neuerdings ein halber Kilometer Weg. Wer da fünf Minuten vor der Abfahrt meint, rechtzeitig zu kommen und Stiefel mit Absätzen trägt, verpasst seine S-Bahn. Ausgeschildert ist die neue Situation ordentlich. Am Bahnhofsvorplatz, nahe dem Bahnsteig und an der Brücke Hauptstraße, die zur anderen Gleisseite führt, hat die Bahn Hinweispläne aufgehängt. Schuld an dem weiten Weg zur S-Bahn Richtung Dresden ist die noch nicht fertig gebaute Unterführung.
Für Marlies Sohre allerdings geht das in Ordnung. Sie fährt öfters mit der Bahn hier ab und kennt die Hinweisschilder schon. Sie findet es gut, dass Gleise und Bahnsteige jetzt erneuert werden. Einziger Mangel Richtung Dresden: Es gibt bei Regen keine Unterstellmöglichkeit für Passagiere.
Gut, dass der Haltepunkt Weintraube wieder offen ist
Für Radebeuler, die aus der Mitte der Stadt kommen oder nach der Arbeit dorthin wollen, war es die letzten beiden Jahre beschwerlicher. Der Haltepunkt Weintraube war wegen Bauarbeiten an Gleisen und der Brücke geschlossen.
Seit diesem Monat ist das nicht mehr so. Auch hier hat die Bahn am künftigen Fernbahngleis für zwei Jahre übergangsweise neue Zinkblechroste als Bahnsteige angelegt. Schüler Jan Vahrenhold: „Wenn ich zum Sport ins Krokofit will, das ja um die Ecke ist, komme ich jetzt schneller als mit der Straßenbahn.“ Am Bahnsteig selbst ist nichts überdacht, aber zur Not kann der alte Unterstand 30 Meter entfernt genutzt werden.
Bei Nässe gefährlich glatte Fliesen im Bahnhofsgebäude
In Radebeul-West wurde für die provisorischen Bahnsteige das meiste Holz verbaut. Richtung Meißen ist es eine kleine Treppe, die angelegt werden musste, damit die Fahrgäste den Bahnsteig erreichen können. Eine Überdachung gibt es hier nicht. Bei Regen harren die meisten in der teils gesperrten Unterführung aus und hasten beim Herannahen der S-Bahn schnell nach oben. Für ältere Leute ist das kaum zu schaffen.
Auf der Gleisseite Richtung Dresden haben die Zimmerleute gleich einen 30 Meter langen hölzernen Gang mit Dach vom Ausgang des Bahnhofs bis zum Bahnsteig gezimmert. Die meisten Fahrgäste warten hier auf den Zug. Dort, wo das Dach endet, ist stumpfer Splitt aufgeklebt, gegen die Rutschgefahr. Kritisch ist es jedoch im Bahnhofsgebäude selbst, besonders bei Schnee und Regen. Die glatten Fliesen und kein Geländer in der Nähe lassen die Strecke ähnlich gefährlich wie eine Eisfläche werden.
Zu späte Hinweise am Haltepunkt Zitzschewig
Wer ganz im Westen Radebeuls in die S-Bahn steigen will und aus Richtung Meißner Straße kommt, macht ziemlich sicher mindestens einmal einen Fehler und geht zum stillgelegten Bahngleis Richtung Meißen. Den Hinweis, dass dort derzeit nichts mehr fährt, findet der Reisende erst unmittelbar vor dem Gleis und nicht am Weg, der von der Coswiger Straße dorthin führt. Der richtige Zuweg ist nämlich auf der südlichen Seite der Gleisanlagen. Ein relativ kleiner weißer, aufgeklebter Pfeil auf dem blauen Bahnschild verrät das dem Suchenden.
Am Haltepunkt rollen die S-Bahnen übrigens in beide Richtungen wechselnd auf einem Gleis an. Auch zum Unterstellen bei schlechtem Wetter gibt es zwar nichts komfortables, aber wenigstens etwas – das alte Bahngebäude. Ob sich dort bei Dunkelheit allerdings Frauen reintrauen, ist zweifelhaft.
In Coswig ist die Fahrgastwelt eigentlich in Ordnung
Es gibt ein Servicebüro. Die Bahnsteigzugänge sind ordentlich ausgeschildert. Lediglich die Nummer des Bahnsteigs für die S-Bahnen Richtung Meißen und Dresden hat sich geändert. Sie rollen jetzt auf dem Bahnsteig 4. Die Bahnsteige 1 und 2, eigentlich für den S-Bahnverkehr später gedacht, sind von einem Bauzaun abgesperrt. Dass es hier nicht weitergeht, ist deutlich beschildert. Auf dem Ausweichbahnsteig läuft die elektronische Anzeigetafel. Die Lautsprecherdurchsage funktioniert pünktlich. Hier ist die Fahrgastwelt – trotz Umbaus – in Ordnung.