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Bankerin entwirft jetzt Kindermode

Perfekt sitzende Sachen für ihre drei Kinder zu finden, fiel Annett Winkelmann oft schwer. Sie half sich einfach selbst.

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Von Jana Mundus

Die kuschelweiche Babydecke fiel der Schere zum Opfer – und wurde wiedergeboren. Als neues Innenfutter für eine selbst genähte Jeansjacke. „Die Decke hat sich damals durchaus bewährt“, sagt Annett Winkelmann und lächelt. Viele ihrer Sachen nähte sie sich schon als Jugendliche selbst. An den Trick mit der Decke erinnerte sie sich Jahre später wieder. Für ihre Tochter entwarf sie einen Overall aus warmen Walkstoff, den sie mit einer Fleecedecke fütterte. „Im Sandkasten war sie damit der Star“, erzählt die 39-Jährige. Aus dem ersten Versuch entwickelte sich ganz allmählich eine Geschäftsidee. Unter dem Label „Internaht“ vermarktet sie heute ihre eigene Kollektion für Kinder.

Früher hatte Annett Winkelmann noch Zeit, für sich selbst Sachen zu nähen. Heute näht sie für Kinder – nicht nur für die eigenen drei. Die ehemalige Bankerin hat sich mit ihrem Kindermodelabel „Internaht“ selbstständig gemacht. Bestellungen kommen nicht n
Früher hatte Annett Winkelmann noch Zeit, für sich selbst Sachen zu nähen. Heute näht sie für Kinder – nicht nur für die eigenen drei. Die ehemalige Bankerin hat sich mit ihrem Kindermodelabel „Internaht“ selbstständig gemacht. Bestellungen kommen nicht n

Zu breit, zu kurz, nach der ersten Wäsche vollkommen aus der Form – mit der gekauften Kleidung für ihre Tochter und die Zwillinge, die wenig später zur Welt kamen, hatte Annett Winkelmann so ihre Probleme. „Es passte irgendwie nie so richtig.“ Mit der Zeit merkte sie, dass sie mit diesem Problem nicht allein ist. Die Resonanz auf die anfangs für die selbstgemachten Kindersachen war durchweg positiv.

Bankkarriere fürs Nähen aufgegeben

Damals lebte die gebürtige Dresdnerin mit ihrer Familie in Frankfurt am Main. Schon viele Jahre arbeitete sie dort für eine große Bank. „Aber spätestens nach der Geburt unserer Zwillinge hatte ich das Gefühl, dass ich den Job nicht mehr mit dem Herzen mache. Das Nähen machte mir deutlich mehr Spaß.“ Im Herbst 2010 kehren Winkelmanns nach Dresden zurück, beziehen eine Wohnung im Stadtteil Plauen. Als die Zwillinge zum ersten Mal mit den selbst genähten Overalls in die Kita gehen, bricht für ihre Mutter eine neue Zeit an. „Mich sprachen plötzlich andere Eltern auf die Sachen an. Ich verkaufte innerhalb einer Woche sieben dieser Overalls.“ Der Entschluss steht spätestens da fest: Annett Winkelmann macht sich selbstständig und gründet die Marke „Internaht“.

Leuchtende Farben bestimmen heute die Kollektion, die sie vorwiegend aus Ökostoffen fertigt. Die Formen sind einfach gehalten, ohne viel Schnickschnack. „Ich war nie ein Fan von verrüschten Kindersachen“, so die 39-Jährige. Funktional und robust soll alles sein, damit es auch beim Toben und Spielen hält. Die farbenfrohen Kapuzenpullover zieren Äpfel, Birnen oder das Konterfei eines Piraten. Die warmen Walkoveralls sind mit einer Häkeleule oder einem Kraken dekoriert. Auch Strandkleider im Ringellook, Jacken, Shirts, Halstücher und Mützen sind im Angebot. „Jedes Jahr kommen ein bis zwei neue Teile hinzu.“ Die Walkoveralls bietet sie von Größe 62 bis 86 an, Shirts ab Größe 92. „Alles ist so geschneidert, dass es nicht nur eine Saison lang passt.“

Annett Winkelmann genießt ihr neues berufliches Leben. Ihr Atelier hat sie erst einmal in einem kleinen Zimmer ihrer Wohnung eingerichtet. „Der Traum wäre natürlich, einen Laden mit angeschlossener Werkstatt zu eröffnen.“ Wenn alles klappt, will sie sich den schon in diesem Jahr erfüllen. Denn die Nachfrage nach ihren Sachen steigt. Seit ein paar Monaten beschäftigt sie deshalb zwei zusätzliche Näherinnen. „Ich bin froh, dass ich sie gefunden habe. Die beiden sind Industrienäherinnen und sind an der Maschine viel schneller als ich.“ An eines muss sie sich allerdings noch gewöhnen: Dass die Jahreszeiten im jetzigen Beruf schon mal ein bisschen durcheinandergeraten können. „Im vergangenen Sommer saß ich hier und habe dicke Overalls genäht. Das ist schon etwas komisch“, gibt sie zu.

Bestellungen aus der ganzen Welt

Die selbstständige Arbeit hat noch einen großen Vorteil gegenüber ihrem früheren Job: Ihr bleibt genug Zeit für die Familie. „Wenn ich die Kinder früh in die Kita geschafft habe, beginne ich mit der Büroarbeit und erledige erst mal Sachen am Computer. Dann nähe ich, packe Pakete und bringe sie nachmittags auf dem Weg in die Kita zur Post“, schildert sie ihren Tagesablauf. Der Nachmittag gehört dann den Kindern. „Manche ehemaligen Kolleginnen haben immer noch keine Kinder“, sagt sie auch etwas nachdenklich. „Die Wahl, die ich getroffen habe, war auf jeden Fall die richtige.“ Die Arbeit mache ihr großen Spaß. „Abends sitze ich zwar meistens wieder an der Maschine, aber das Gefühl, etwas Eigenes zu machen, ist fantastisch.“

Ihre Sachen gibt es derzeit im Internaht-Onlineshop oder über die Plattformen Dawanda und Etsy zu kaufen. Letztere Verkaufsmöglichkeit bescherte ihr schon einige internationale Kunden. „Als hier die erste Bestellung aus Minnesota eintrudelte, musste ich erst mal nachschauen, wo das genau liegt“, gibt sie zu und lacht. Ihr Mann hat ihr kurz darauf eine Weltkarte geschenkt. „Die muss ich noch aufhängen, und dann kommen Stecknadeln an die Orte, an die ich schon Bestellungen verschickt habe.“

www.internaht.de