Verdrängt Corona das Bargeld?

Kann ich hier mit Bargeld bezahlen? Eine Selbstverständlichkeit steht zur Debatte, denn an Geldscheinen hängen jede Menge Keime und sind deshalb an Kassen nicht mehr so gerne gesehen. Doch die Deutschen hängen auch am Bargeld und so schlägt ein Gerücht über bargeldlose Supermärkte Wellen - auch wenn es gar nicht stimmt.
Allerdings werden die vehementen Verteidiger der anonymen Zahlungsmethode auch in Deutschland immer weniger - zwar schon vor Corona. Durch Corona könnte es allerdings deutlich schneller gehen. Davon gehen auch Zahlungsexperten der internationalen Beratungsfirma Oliver Wyman aus: In ihrem Szenario könnte der Anteil von Barzahlung nach Umsatz in den nächsten fünf Jahren von 47 auf 32 Prozent sinken. Wobei hier auch Käufe im Online-Handel berücksichtigt wurden, die im letzten Monat vielfach alternativlos waren. Die Hemmschwelle zum Umstieg sei zwar immer noch recht hoch, doch wer einmal damit anfängt, bleibt auch dabei. "Eine Entwicklung, die mehrere Jahre dauern sollte, wird durch die Corona-Pandemie nun auf wenige Monate kondensiert", erklärt Oliver Wyman-Partner Gökhan Öztürk.
Es ist ja auch komfortabel geworden. Selbst die Karte einstecken und den Pin eingeben, fällt immer häufiger weg. Bald sogar bei Zahlungen unter 50 Euro, da die Deutsche Kreditwirtschaft das Limit für Kartenzahlungen ohne Pin verdoppelt hat. Hinzu kommen neue Bezahlmethoden wie Apple Pay und jetzt sorgen die aktuellen Hygienemaßnahmen für eine Bargeld-Entwöhnung und verschaffen der Branche zusätzlichen Schwung. Das zeigen auch Befragungen des EHI
Retailinsitut. Während vor der Pandemie noch 38 Prozent Barzahlungen
bevorzugten, sei ihr Anteil aktuell auf 18 Prozent gesunken. "Kontaktloses Bezahlen wird gerne angenommen und ist im Rahmen der Covid-Krise deutlich angestiegen", kann Vorstandssprecher Jörg Stahl der electronic cash-Netzbetreiber bestätigen. Selbst in Bussen des Verkehrsverbund Mittelsachsen, kann seit
Beginn der Corona-Pandemie das Ticket beim Einstieg bargeldlos ganz bezahlt
werden und sogar beim Bäcker klimpert es seltener auf der Theke. Bei der Dresdner Bäckerei Wippler hat sich der Anteil an bargeldlosen Zahlungen während der Corona-Krise sogar versechsfacht und liegt
nun bei ungefähr 15 Prozent. So klein die Läden auch sind - an einem Zahlungsterminal kommt kaum ein Einzelhändler noch vorbei. Zur Freude
von Payment-Diensterleistern, wie dem Vertragsanbieter Bezahlexperten, der ein momentan ein Nachfrageplus von 80 Prozent verzeichnen kann.
Ist Bargeld ansteckend?
China desinfiziert Geldscheine, in Amerika werden Dollars aus Asien vorsichtshalber sieben bis zehn Tage zurückgehalten. Tatsächlich finden sich bis zu 3.000 verschiedenen Keimarten auf Geldscheinen, auch das neuartige Coronavirus. Virologen halten eine Übertragung durch Bargeld trotzdem für unwahrscheinlich. „Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen“, beruhigt Christian Drosten in seinem NDR-Podcast, denn das Coronavirus sei gegen Eintrocknung extrem empfindlich. Für den Geschäftsführer, der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, Harald Olschok sind die Hygienemaßnahmen deshalb nur vorgeschoben, um bei Kunden und Verkaufspersonal Ängste zu schüren, damit diese auf bargeldlose Zahlungen umgestiegen.
So hat sich das Einkaufsverhalten nicht nur beim Bezahlen verändert, aus Distanzierungsgründen werden auch Selbstbedienungskassen immer attraktiver. Während vor der Coronapandemie mehr als die Hälfte der Kunden lieber bei einem Kassierer bezahlte, bevorzugen nun laut einer Befragung des EHI Retailinstitut 80 Prozent SB-Kassen, um den Kontakt zu anderen Menschen und das Anfassen von Kassenband und Warentrenner zu vermeiden.
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