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Barrierefrei durch das Lausitzer Seenland reisen

Mit Fotoapparat, Maßband und Zollstock ausgerüstet untersucht Stefanie Menzel das Landhotel in Neuwiese bei Hoyerswerda, fotografiert die schräge Auffahrt zum Hoteleingang, misst Türenbreiten und Tischhöhen.

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Von Anja Wallner

Mit Fotoapparat, Maßband und Zollstock ausgerüstet untersucht Stefanie Menzel das Landhotel in Neuwiese bei Hoyerswerda, fotografiert die schräge Auffahrt zum Hoteleingang, misst Türenbreiten und Tischhöhen. Dies wird die Hoyerswerdaerin bis Mitte September noch in zahlreichen weiteren Übernachtungs- und Gastronomiebetrieben sowie Freizeiteinrichtungen tun: Die Studentin der Hochschule Zittau/Görlitz ist Praktikantin der Touristischen Gebietsgemeinschaft (TGG) „Lausitzer Seenland“ und Beauftragte des Projekts „Lausitzer Seenland – barrierefrei für alle“, das kürzlich im Landhotel Neuwiese vorgestellt wurde. Stefanie Menzel hat sich in ihrer von der TGG betreuten Bachelorarbeit mit dem Thema Barrierefreiheit im Lausitzer Seenland beschäftigt.

Ziel ihres neuen Projekts: Die Entwicklung einer auf der Seenland-Homepage abrufbaren Broschüre, die detailliert die Einrichtungen und Leistungen mit barrierefreier Eignung auflistet. Sie richtet sich an mobilitäts- und altersbedingt eingeschränkte Besucher, Menschen mit Sinnesbehinderungen, aber auch an Familien mit Kindern oder Skater – denn mit einem Kinderwagen oder Inline-Skates an den Füßen können möglicherweise nicht alle gewünschten Orte erreicht werden.

Vorreiter Brandenburg

„Das Thema Barrierefreiheit ist im Marketingkonzept für das Lausitzer Seenland als zukunftsträchtig und wichtig beschrieben worden“, nennt TGG-Geschäftsführer Marcus Heberle einen Grund für das Vorhaben und verweist gleichzeitig auf die zahlreichen künftigen Neubauten in der Region, die gut ausgebauten breiten Seen-Rundwege – und die bereits vorhandenen Leistungsanbieter, die in der Auflistung natürlich nicht verschwiegen werden sollen. Das Thema Barrierefreiheit soll länderübergreifend vermarktet, auch die Brandenburger Einrichtungen aufgelistet werden. „Die Brandenburger sind diesbezüglich schon weiter“, sagt Marcus Heberle. Die Niederlausitz gelte als bundesweite Modellregion für Barrierefreiheit, ergänzt Stefanie Menzel. Deshalb orientiert sie sich bei ihren Untersuchungen am nördlichen Nachbarbundesland und nutzt auf ihren Checkbögen die von der Tourismusakademie Brandenburg ausgearbeiteten Kriterien. Fünf Hauptzielgruppen stehen dabei im Mittelpunkt: mobilitätseingeschränkte Menschen, Sehbehinderte beziehungsweise Blinde, hörgeschädigte/taube Gäste, Menschen mit Lernbehinderung sowie mit einem besonderen Ernährungsbedarf oder Allergien.

Umfangreiche Checkliste

Für jede Zielgruppe hat Stefanie Menzel eine umfangreiche Checkliste auszufüllen. „Zwei Stunden pro Einrichtung wird sie zu tun haben“, schätzt Marcus Heberle. Sind behindertenfreundliche Parkplätze vorhanden? Gibt es Aufzüge? Sind die Zimmer hell? Ist Rangierfreiheit mit Rollstühlen gegeben? Gibt es speziell geschulte Mitarbeiter? – Das sind nur einige Punkte, die Stefanie Menzel in den von ihr besuchten Unternehmen abzuarbeiten hat. Ist die Einrichtung entsprechend nutzbar, wird ihr Eintrag im Internet mit einem entsprechenden Piktogramm versehen, das wiederum mit den detaillierten Mess- und Untersuchungsergebnissen verlinkt ist. „Das Piktogramm ist keine Bewertung“, betont Stefanie Menzel. Im Endeffekt müsse jeder Gast selbst entscheiden, ob der Besuch des Betriebs für ihn möglich sei.

Die Liste soll voraussichtlich Anfang 2011 im Netz stehen. Stefanie Menzel wird zunächst die TGG-Mitglieder kontaktieren, aber auch alle anderen Anbieter können sich – gegen eine Zehn-Euro-Pauschale – gern „durchchecken“ lassen.

Roswitha Koch, Inhaberin des Landhotels, sieht in der Online-Broschüre auch eine gute Möglichkeit zum Netzwerk-Aufbau: „Es ist gut zu wissen, wer Tandemfahrten für Menschen mit Behinderung anbietet oder Fahrräder mit Kinderanhänger verleiht“, sagt sie. Gäste würden immer häufiger nach solchen Dingen fragen. Zudem weist sie darauf hin, die Senioren als wichtige Zielgruppe in der Untersuchung nicht außer Acht zu lassen.

Als Partner hat sich die TGG den Behindertenbeirat der Stadt Hoyerswerda als Unterstützung und für Hinweise ins Boot geholt. Das berufene Mitglied Karsten Pfeiffer sitzt im Rollstuhl und schätzt beispielsweise das Landhotel als „behindertenfreundlich, aber nicht barrierefrei ein“. Über die Auffahrt kommt er mühelos in den Gastronomiebereich, aber sein großer Elektro-Rollstuhl passt nicht unter den Tisch im Frühstücksraum. Roswitha Koch denkt schon seit einiger Zeit darüber nach, Tische höhenverstellbar „aufzurüsten“. Und für Gehhilfen der Gäste sollen entsprechende Halterungen an der Wand angebracht werden.

Kontakt: Touristische Gebietsgemeinschaft „Lausitzer Seenland“, Marcus Heberle, 03571/457600,

E-Mail: [email protected]

www.lausitzerseenland.de