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Baugemeinschaft Hellerau droht das Aus

Die Stadt will das Grundstück am Pfarrlehn an einen Investor vergeben. Noch hat die Baugemeinschaft Hoffnung.

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Von Britta Veltzke

Die Baugemeinschaft Hellerau bemüht sich seit vier Jahren um das Grundstück am Pfarrlehn. Den Zuschlag hat die Stadt nun einem Unternehmer gegeben. Der hatte mehr Geld geboten als die Baugemeinschaft. Das teilte Stadtsprecherin Anke Hoffmann mit. Die Differenz der Angebote lag nach SZ-Informationen unter 30.000 Euro. Demnach gehen die 4.700 Quadratmeter für rund eine Dreiviertel Million Euro an den neuen Besitzer.

„Die Summe, von der nun die Rede ist, hätten wir durchaus noch aufbringen können“, sagt Gero Neuroth von der Baugemeinschaft. „Ich bin enttäuscht, dass der Stadt die Förderung der Baugemeinschaften, mit der sie sich brüstet, am Ende doch so wenig wert ist“.

Wie wollen wir leben? Diese Frage diskutiert die Gruppe von Eltern mit kleinen und großen Kindern und solche, deren Kinder längst ausgezogen sind, lange bevor das Grundstück letztes Jahr ganz offiziell Baugrund wird „Gemeinschaftlich, sozial und ökologisch“, fasst Gero Neuroth die Antwort zusammen.

Kinder, denen das Gras bis zu den Knien reicht, rennen zwischen Laubbäumen über das abschüssige Gelände. Genau dort, wo, nach Wunsch der Baugemeinschaft, der Innenhof um zwei- und dreigeschossige Häuser mit flachen Dächern entstehen soll. „Das Herz“ der neuen Siedlung, wie es im Konzept steht. Ein Ort, an dem sich die Bewohner treffen – mit Sitzmauern und Grillplatz. Neben den Eigentumshäusern plant die Gruppe, einen Gemeinschaftsraum einzurichten. „Wir wollen die Idee der Gartenstadt, das gemeinschaftliche Leben, hier, in Hellerau wieder aufgreifen“, erklärt Gero Neuroth.

Genauso enttäuscht von der Entscheidung wie Neuroth ist Marion Kempe vom Verein Bauforum: „Ich hatte gehofft, dass am Ende nicht nur das Geld entscheidet“. Von Beginn an begleitet Kempe die Gruppe. Die habe viel Zeit und Geld in ihr Projekt gesteckt. Es sei eine richtige Gemeinschaft erwachsen. „Das ist ein Wert, der sich nicht in Geld bemessen lässt“, sagt sie.

Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) beruft sich bei dem Entschluss in der letzten Stadtratssitzung auf eine Verwaltungsvorschrift. Die besage, dass der Höchstbietende den Zuschlag bekomme. Marion Kempe hätte gerne, dass die Stadt auch soziale und ökologische Kriterien bei der Vergabe berücksichtigt. In anderen Städten wie Freiburg und Hamburg funktioniere das auch. „Außerdem gibt es in der Stadt noch andere Interessen, wie die des Stadtplanungsamtes.“ Das habe die Pläne der Baugemeinschaft im Vorfeld ausdrücklich begrüßt, so Kempe.

„Mit Baugemeinschaften städtisches Wohnen und hohe Bauqualität stärken“, steht über dem Beschluss, den der Stadtrat 2012 verabschiedete. Dieser sieht vor, dass eine Koordinierungsstelle für Baugemeinschaften gegründet und Grundstücke für sie reserviert werden sollen. „Geschehen ist seitdem nichts“, sagt Marion Kempe. Nur die Bieterfrist sei verlängert worden, um Baugemeinschaften die Zeit zu geben, ein Konzept auszuarbeiten. Darauf hätte die Baugemeinschaft Hellerau verzichten können.

„Unser Konzept war längst fertig“, bemerkt Gero Neuroth. Stattdessen hätten sie lieber gewusst, nach welchen Kriterien der Zuschlag vergeben wird. „Dann hätten wir unser Angebot besser darauf abstimmen können.“ Das Verfahren sei völlig intransparent. So habe man nur spekulieren können, dass es letztlich um den Preis geht, und dass es wahrscheinlich Mitbewerber geben werde.

Obwohl der Zuschlag nun vergeben ist, ist die Gemeinschaft immer noch „wild entschlossen“ zu bauen. Gibt es noch eine Chance? Der Finanzausschuss muss noch zustimmen. Fürsprecher hat die Gruppe. „Ziel ist es, den Verkauf zu stoppen“, sagt der Baupolitische Sprecher der Grünen Thomas Löser. SPD, Grüne und Linke bereiten gerade einen Antrag vor, um Baugemeinschaften künftig zu stärken. Für Hellerau dürfte dieser Beschluss zu spät fallen.