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Baumärkte verzichten auf Glyphosat

Anbieter im Landkreis Görlitz nehmen den Unkrautvernichter aus dem Sortiment. Wer das Mittel trotzdem will, bekommt es aber.

Von Elke Schmidt & Matthias Klaus
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Im Landkreis Görlitz nicht oder nur schwer erhältlich: glyphosathaltiges Roundup. Die Bahn nutzt es                  beispielsweise noch auf ihren Gleisen, um die Strecken betriebssicher zu halten.
Im Landkreis Görlitz nicht oder nur schwer erhältlich: glyphosathaltiges Roundup. Die Bahn nutzt es beispielsweise noch auf ihren Gleisen, um die Strecken betriebssicher zu halten. © dpa

Glyphosat als Unkrautvernichter ist ins Gerede gekommen. Bekannt geworden ist es unter der Marke Roundup. Das Mittel gilt als Totalherbizid. Es tötet fast alle Grünpflanzen. Neben Roundup gibt es weitere Mittel mit dem Wirkstoff Glyphosat. Dem Mittel wird zugeschrieben, mit für das fortschreitende Insektensterben verantwortlich und krebserregend zu sein.

Das sehen Richter in den USA ebenso. In San Francisco hat erst jüngst eine Geschworenenjury entschieden, dass das glyphosathaltige Mittel Roundup zum Lymphdrüsenkrebs des Klägers beitrug. Die EU-Mitgliedsstaaten hatten 2017 entschieden, den umstrittenen Unkrautvernichter weitere fünf Jahre zuzulassen. Im Koalitionsvertrag haben die derzeitigen deutschen Regierungsparteien festgeschrieben, den Einsatz einschränken zu wollen.

Das tun viele Kommunen im Landkreis aber bereits von sich aus. Sie verzichten auf den umstrittenen Unkrautvernichter – auch wenn es teurer als bisher werden kann. Zum Beispiel Zittau: „Insgesamt ist der Herbizideinsatz in unserer Stadt stark rückläufig, weil der Wirkungsgrad zu gering ist.“, sagt der Pressesprecher der Stadtverwaltung Zittau, Michael Scholze. Das stellte sich 2015 bei einem Test heraus. Das Ergebnis auf einer damit behandelten Fläche sei das gleiche wie auf der unbehandelten gewesen. Deshalb würden Unkrautvernichtungsmittel überhaupt nur noch dort eingesetzt, wo die Kehrmaschine nicht fahren kann. Dabei verwende die Stadt zwar ein Mittel mit dem Wirkstoff Glyphosat, dies jedoch in einem sehr geringen Umfang. Das wurde mit starken Einschränkungen vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) genehmigt.

Die Stadt Löbau verwendet ebenfalls ausschließlich Unkrautvernichter, die vom LfULG zugelassen sind und verzichtet dabei ganz und gar auf Glyphosat, teilt Medienreferent Marcus Scholz mit. Zudem werde das Unkraut zum Teil mechanisch entfernt, was aber mühsamer und daher teurer sei. Grundsätzlich werde so wenig Chemie wie möglich eingesetzt. Geprüft wurde auch ein Verfahren, Unkraut mittels Wasserdampf zu bekämpfen. Diese Methode konnte dort allerdings nicht überzeugen.

In Görlitz wiederum könnten die Alternativen zur Pflege der Grünanlagen bis zu zehnmal so viel kosten, wie mit Glyphosat. Der Stadtrat hatte im April vergangenen Jahres beschlossen, sich von dem Mittel zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verabschieden. Görlitz gehört damit zu den rund 460 Städten und Dörfern in Deutschland, die auf den Einsatz des Pflanzengiftes verzichten.

Während das Mittel aber in der EU noch Jahre offiziell verwendet werden darf, machen Baumärkte hierzulande längst Nägel mit Köpfen und nehmen es aus dem Sortiment. Hornbach beispielsweise führt kein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat, so Sprecherin Anna Krall. Hornbach hat sich bereits 2015 entschieden, in einem ersten Schritt sämtliche hochkonzentrierten Mittel mit Glyphosat aus dem Sortiment zu nehmen, „um eventuelle Gefahren aus einem fehlerhaften Gebrauch zu vermeiden“. Anna Krall: „Es gibt noch vereinzelt Kundennachfragen, die Hornbach mit alternativen Produkten bedienen kann.“ Ähnlich sieht es beim Toom-Baumarkt in Zittau aus. Seit Ende September gibt es in dem Unternehmen, das zur Rewe-Gruppe gehört, keine glyphosathaltigen Produkte mehr. Sprecherin Melanie Goeres: „Unsere Kunden nehmen unsere umweltverträglicheren Alternativen zu glyphosathaltigen Produkten sehr gut an.“

Bereits Ende 2013 entschied auch Obi, die umstrittensten glyphosathaltigen Herbizide unter der Marke „Roundup“ nicht mehr zu führen, sagt Franziska Bomm, Corporate PR & Communications Assistant bei Obi. Im Frühjahr 2015 wurde diese Regelung dann auf alle glyphosathaltigen Herbizide ausgeweitet. Es könnten jedoch durchaus noch vereinzelt Restbestände vorhanden sein, sagt sie. Gleichzeitig biete Obi immer mehr Herbizide ohne Glyphosat als Alternativen und entsprechende Informationen. Der Markt möchte damit zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Pflanzenschutzmitteln motivieren.

Dennoch, wer es unbedingt kaufen will, bekommt es auch. Ein Weg: das Internet. Auf Ebay beispielsweise gibt es eine ganze Reihe von Anbietern. Beim Handelsriesen Amazon hingegen, so ergab eine Stichprobe, gibt es zwar auch Roundup – aber glyphosatfrei. Die Nachbarn im Osten pflegen derweil offenbar einen entspannteren Umgang mit dem Mittel. Eine Internetseite wirbt unter anderem so für Glyphosat: „In Deutschland nicht erhältlich? Hier auf Polenmarkt.net schon!“

Ein Schweizer hat's erfunden

1950 synthetisierte der Schweizer Chemiker Henri Martin, angestellt bei Cilag, erstmals Glyphosat.

1959 wurde wurde Cilag von Johnson & Johnson übernommen und Glyphosat an Sigma-Aldrich verkauft.

1971 meldete Monsanto ein Patent auf Glysophat als Herbizid an.

1974 wurde das Patent erteilt, Glyphosat kam als Roundup auf den Markt.

In den 1990ern wurden gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen, die resistent gegen Glyphosat sind.

2016 konnte die EU-Kommission nach Protesten Glyphosat nicht weitere 15 Jahre zulassen. Die Entscheidung wurde vertagt.

2017 sorgte ein Ja aus Deutschland dafür, das Glysphosat weitere fünf Jahre in der EU zugelassen wird.

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