Von Jörg Stock
Die Sitzung des Wilsdruffer Stadtrates am vergangenen Donnerstag war schon so gut wie gelaufen. Da hielt plötzlich jemand ein Schild an der Ratstafel hoch, das in großen Lettern verkündete: „Baumfreie Zone entlang der Saubach. Start hinter dem Parkstadion. Wir schaffen das! Ihr Stadtrat.“ Die Ratsherren amüsierte diese Darbietung zunächst – alle hielten die Aktion für einen Scherz. Stadtrat und CDU-Fraktionschef Dieter Betka, der das Corpus Delicti präsentiert hatte, fand die Angelegenheit gar nicht lustig. „Das ist eine Provokation!“
Das Schild hatte ihm ein Bürger aus Wilsdruffs Stadtzentrum mitgebracht. Die Nachricht in A 4-Größe war professionell gedruckt und in Plastikfolie verschweißt. Betka empörte sich über den Missbrauch des Stadtrat-Signums und forderte, nach den wilden Plakatierern zu forschen. „Wer das gemacht hat, bewegt sich nicht auf der Linie des Gesetzes.“ Rathausmitarbeiter hatten um den Wilsdruffer Markt herum ebenfalls die Schilder entdeckt und etwa neun Stück einkassiert. Der amtierende Bürgermeister von Wilsdruff, Andreas Clausnitzer (CDU), erklärte, worauf der ominöse Schilderschreiber offenbar hinaus wollte: „Derzeit werden die Kopfweiden hinter dem Stadion zurückgeschnitten. Da ist 20, 30 Jahre nichts passiert.“ Durch den radikalen Beschnitt entstehe der Eindruck, dass ein Kahlschlag vorgenommen würde. „Es ist jedoch eine Maßnahme zum Erhalt der Bäume“, versicherte Clausnitzer.
Ines Thume vom Landschaftspflegeverband Osterzgebirge bestätigt: „Kopfweiden sollten alle fünf bis zehn Jahre zurückgeschnitten werden. Sind die Arme zu stark, bricht der Stamm auseinander.“ Wenn das passiert, kriechen Schädlinge, Wasser und der Frost ins Holz und töten die Weide über kurz oder lang. Günstig für den Rückschnitt sei die Zeit zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember, sagt Thume. In Wilsdruff fehlte da noch das Personal. Erst diesen Januar bekam die Stadt die beantragten ABM-Kräfte bewilligt, die jetzt zusammen mit dem Bauhof die Pflegearbeiten ausführen.
Bis zur Limbacher Straße sollen sich die Sägen noch vorkämpfen. Offiziell ist es dafür aber zu spät, weil das Sächsische Naturschutzgesetz den Kommunen nur bis zum 15. März freie Hand bei Fäll- und Baumpflegearbeiten lässt. Interims-Bürgermeister Clausnitzer will nun Vertreter des Landratsamtes zum Ortstermin an den Saubach einladen, um sie von der Dringlichkeit des Vorhabens zu überzeugen. Die Schilder-Aktion hält Clausnitzer für überflüssig: „Wenn jemand was zu sagen hat, kann er es doch öffentlich im Stadtrat tun.“