Bautzen. Noch gehört etwas Fantasie dazu, sich hier einen Platz zum Spazierengehen vorzustellen. Reifenspuren ziehen sich über den Erdboden. Im Hintergrund sind Mitarbeiter der Landschaftsbaufirma Mörbe mit Radlader und Schubkarre zu Gange, Berge von Sand und Holzhäckseln müssen noch verteilt werden. Aber lange wird es nicht mehr dauern, bis Spaziergänger hier verweilen können. Etwa Ende Mai wird alles fertig sein, sagt Andrea Ohm von den Energie- und Wasserwerken (EWB).
Ausnahmsweise dreht es sich bei diesem Projekt der Stadtwerke mal nicht um Wasser, Strom oder Fernwärme. Stattdessen lassen die EWB derzeit auf einem guten halben Hektar einen Park anlegen. Auf dem Areal zwischen Kupferhammer und Spree ging es früher nicht so idyllisch zu. Hier stand das Bautzener Gaswerk, in dem mehr als 100 Jahre lang Steinkohle zu Stadtgas verbrannt wurde.
1972 wurde die Produktion eingestellt, doch giftige Hinterlassenschaften blieben zurück. Nach der Wende fiel das Gelände an die EWB. Vor gut zehn Jahren nahmen sie die Sanierung in Angriff. Zunächst wurden sämtliche Gebäude abgerissen, obwohl sie unter Denkmalschutz standen. Aber anders hätten die Altlasten nicht beseitigt werden können. So lagerten in unterirdischen Speichern tonnenweise Teer und andere Chemikalien. Metertief musste der verseuchte Erdboden abgetragen und durch eine dicke Kiesschicht ersetzt werden.
Keinen Käufer gefunden
Das wurde 2009 erledigt, „zum Glück“, sagt Andrea Ohm. Denn im darauffolgenden Sommer bahnte sich die über die Ufer getretene Spree den Weg über die beräumte Fläche – und hätte im großen Stil die Giftstoffe weggespült, wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht schon entsorgt gewesen wären. Reichlich Schaden gab’s trotzdem.
„Die Mauer hier“, sagt die EWB-Geschäftsführerin und deutet auf die Stützwand zur Spree hin, „mussten wir ein zweites Mal bauen.“ Danach kehrte auf dem fein säuberlich eingezäunten Grundstück Ruhe ein. Eigentlich sollte es verkauft werden. Aber es sei sehr schwierig, für solch eine vorbelastete Fläche einen Käufer zu finden, erklärt Andrea Ohm. Trotz Sanierung könne man eben nicht hundertprozentig sicher sein, ob nicht doch noch Spuren von Schadstoffen auftauchen. Jahrelang sei der Boden daher mittels Sonden auch nach der Sanierung noch kontrolliert worden.
Im vorigen Jahr kam schließlich die Idee auf, die Fläche zu gestalten und für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen. Für die Gestaltung zogen die EWB die Bautzener Landschaftsplanerin Annekathrin Bernstein zurate. Seit dem zeitigen Frühjahr ist nun Bewegung auf dem Gelände. „Es gab schon die wildesten Gerüchte“, erzählt Andrea Ohm schmunzelnd. Unter anderem vermeldete der Buschfunk, dass hier angeblich ein Supermarkt entsteht.
Beeren und wilde Kräuter
Doch Bauwerk ist keins zu sehen, stattdessen wurden Wege angelegt, zwei runde Flächen gepflastert sowie Bäume und Sträucher gepflanzt, darunter auch welche, von denen sich mal ein paar Früchte zum Naschen pflücken lassen. „Das passt ja ganz gut ins Konzept der Stadt“, sagt Ohm mit Verweis auf eine Idee, die im vorigen Jahr in Bautzen erstmals umgesetzt wurde. Da wuchs in Pflanzbeeten in der Innenstadt neben Blumen auch Essbares wie Mangold. So etwas ist laut Baubürgermeisterin Juliane Naumann auch dieses Jahr wieder geplant. Außerdem sollen Bienen und andere Insekten auf städtischen Grünflächen mehr blühende Nahrung finden.
Das wird auch im neuen EWB-Park so sein. Dort, wo jetzt noch nackter Erdboden zu sehen ist, entstehen Wiesenflächen mit verschiedenen Wildkräutern, die nur wenige Male im Jahr gemäht werden. Von drei Seiten aus werden Spaziergänger den Park betreten können. Zum Verweilen kommen noch einige Bänke hin, außerdem Fahrradständer. Schließlich führt direkt daneben der Spreeradweg vorbei. Und Ohm schweben auch ein paar Infotafeln vor – um an die Vergangenheit des Areals zu erinnern.