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Hauseinsturz: Greift Bautzen jetzt härter durch?

Gebäude verfallen, die Stadt kann oft nur zuschauen. Die Baubürgermeisterin erklärt, warum.

Von Theresa Hellwig
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Das Haus in der Gerberstraße ist mittlerweile notgesichert worden. Dabei ist die Stadt in Vorleistung gegangen, weil der Eigentümer nicht verfügbar ist. Oftmals geht es dabei um ungeklärte Erbfolgen.
Das Haus in der Gerberstraße ist mittlerweile notgesichert worden. Dabei ist die Stadt in Vorleistung gegangen, weil der Eigentümer nicht verfügbar ist. Oftmals geht es dabei um ungeklärte Erbfolgen. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Bei einem Sturm ist in der Töpferstraße ein Haus eingestürzt, bei dem Wind vor einer Woche fielen Dachziegel von Häusern. Warum geht es so langsam voran mit Bautzens Bröckelhäusern? Baubürgermeisterin Juliane Naumann erklärt das.

So etwas kommt nicht alle Tage vor: In Bautzen ist ein Haus eingestürzt. Wie konnte es dazu kommen?

Wir konnten im Vorfeld nicht erkennen, dass dieses Haus einstürzen würde. Wir waren mit dem Eigentümer in Kontakt, haben teilweise im Vierteljahres-Rhythmus kontrolliert. Zum letzten Mal vor wenigen Monaten. Der Eigentümer hat alle Auflagen erfüllt. Das Haus war komplett geschlossen; es gab kein offenes Dach, kein offenes Fenster. Das Problem war der Giebel, der vor über 100 Jahren angebaut worden war. Der war einfach nicht stabil genug. Der Sturm hat den Giebel sozusagen herausgezogen. 

Wie stellt die Stadt sicher, dass so ein Einsturz nicht noch einmal passiert?

Wir gehen nicht davon aus, dass von irgend einem Gebäude im Stadtgebiet Gefahr ausgeht. Sonst hätten wir gehandelt.

Selbst herabfallende Dachziegel können gefährlich sein. Was muss passieren, damit Sie eingreifen?

Die Baubehörde ist eine Eingriffsverwaltung. Wir werden nur tätig, wenn kein Eigentümer da ist oder dieser nichts macht. Wenn Löcher im Dach sind, die Ziegel nicht mehr verbunden sind, dann sind das Anzeichen und wir erteilen Auflagen.

Letztes Mal wurde es falsch eingeschätzt. Ändern Sie die Prüfmethoden?

Ein Gebäudezustand kann sich ändern. Dann passen wir unseren Prüfzyklus an. Die meisten Gebäude sind in Ordnung. 

Das klingt zu einfach. Es ärgern sich viele Bürger über das Stadtbild..

Es geht doch voran. Vergleichen Sie den Sanierungsstand von vor 15 Jahren mit heute! Heute sind nur noch wenige Häuser in schlechtem Zustand. Vielleicht stechen diese hervor, eben weil das Umfeld fast vollständig saniert ist. Das Problem ist: Wenn Gebäude im Privateigentum sind, können wir schwer eingreifen.

Ein Stadtrat schlägt vor, einen Arbeitskreis zu gründen. Tut sich da etwas?

Was die Stadträte sich vorstellen, muss nun diskutiert werden. Wir werden uns zusammensetzen und eruieren, was angestrebt wird. Vielleicht müssen wir unsere Strategien anpassen. Wie möchte man beispielsweise Eigentümern gegenübertreten? Reicht ein Dialog immer aus? Schließlich verpflichtet Eigentum ja auch. 

Wird es also einen Arbeitskreis geben?

Wir werden das Thema in unserer normalen Gremienarbeit besprechen. Wie wir jetzt weitermachen, wo wir Ansätze sehen. Ob wir tatsächlich separate Strukturen brauchen, wird sich aus Gesprächen zwischen Verwaltung und Stadtrat ergeben.

Laut Städte- und Gemeindebund hat die Stadt Handlungsspielraum, wenn sie mit Sicherheitsbedenken argumentiert. Sie kann Baumaßnahmen durchführen, die Kosten zurückverlangen.

Diese sogenannte Ersatzvornahme ist das letzte Mittel. Es handelt sich dabei um einen Eingriff ins Privateigentum. Dafür muss das öffentliche Interesse überwiegen. Außerdem geht es da um Steuergelder. Im letzten Jahr gab es das einmal, es ging um Sicherungsarbeiten am Gebäude Gerberstraße 12. Da sind die Eigentümer nicht verfügbar. Um die Straße nicht sperren zu müssen, sind wir das Problem angegangen. Wir machen so etwas nicht jedes Jahr.

Inwiefern sind die Eigentümer der Gerberstraße 12 nicht verfügbar?

Im konkreten Fall müssten wir uns das Grundbuch anschauen. Oft stehen darin Eigentümer darin, die um 1800 geboren sind. Mehrfach ist der Erbfall eingetreten, wurde aber nicht dokumentiert. Manchmal wissen die Eigentümer selber nicht, dass sie Eigentümer sind. Wenn sie dann zahlen sollen, suchen sie sich einen Anwalt. Es gibt aber nur ein herrenloses Gebäude in Bautzen, bei dem es keine Eigentümer gibt. Das Haus steht in der Welkaer Straße. Dort gab es Sicherungsmaßnahmen, sodass keine Gefahr von dem Haus ausgeht.

Wäre es eine Option für die Stadt, die herrenlosen oder zerfallenen Gebäude zu kaufen, um Wohnraum zu schaffen?

Die herrenlosen Häuser gehören rechtlich gesehen dem Freistaat, da müsste man über Übertragungen reden. Dann entstehen natürlich Kosten, das sind wieder Steuergelder. Wir haben nicht in Erwägung gezogen, eines der Häuser zu erwerben. Natürlich haben wir aber eine Wohnungsbaugesellschaft, die auch nach Möglichkeiten sucht, Wohnraum zu schaffen. Dazu gehört auch, im Gebäudebestand zu suchen.

Die Stadt könnte auch zwischen Eigentümern und Investoren vermitteln...

Wenn wir wissen, dass jemand ein sanierungsbedürftiges Gebäude kaufen oder verkaufen möchte, versuchen wir, bei der Kontaktaufnahme zu helfen. Aktiv machen wir das nicht. Das ist nicht unsere Aufgabe und der Datenschutz bereitet Probleme. 

Juliane Naumann, Baubürgermeisterin der Stadt Bautzen.
Juliane Naumann, Baubürgermeisterin der Stadt Bautzen. © SZ/Uwe Soeder