Von Christine Gruler
Ein sibirischer Wolf verliert sich in der Kälte einer weiß-blau gehaltenen Landschaft. Ein Bild, das sich im Zimmer ihres beinahe 16-jährigen Sohnes findet. Ein anderes Bild zeigt eine einsame Frau auf Pfaden durch den Tharandter Wald.
Helena Vakulenkos Wohnzimmer schmücken dazu noch Werke von ihrem Vater, Florian, der am 18.Dezember 84 Jahre alt geworden wäre. Südsee-Fantasien und eine Kopie nach einem Meister aus der Heimat Usbekistan. Jetzt ist er nicht mehr da. Im Juli musste Helena Vakulenko ihren Vater begraben. „Er war talentiert“, sagt die 48-jährige Spätaussiedlerin, „von Beruf Grafiker, die Malerei sein Hobby – eine Beschäftigung für die Seele.“ Außerdem, erzählt sie weiter, habe er daneben der Musik gefrönt. Kleine Kompositionen, Volksmusik, Jazz.
Helena Vakulenko hat einiges von ihrem Vater mitbekommen. In Usbekistan hat sie als Grafikerin gearbeitet. Und die Liebe zur Musik ist ihr auch vererbt. In Freital kann sie sich im musikalischen Trio mit ihrem Bruder und ihrer Tochter hin und wieder bei Feierlichkeiten im russischen Verein erproben. Beim Integrationstag, der Gala zum 11.11. oder wie jetzt bei anstehenden Weihnachtsfeiern. Helena übersetzt dafür sogar russische Volkslieder ins Deutsche.
Meist bleibt das Musizieren unbezahlt, hin und wieder gibt es dafür ein paar Euro. Aber die sind gerade Tropfen auf den heißen Stein. Auch wenn Helena Vakulenko selbst das niemals so ausdrücken würde, denn: „Im Vergleich zu vorher geht es uns gut hier“, kommentiert sie ihre jetzige Situation gegenüber dem, was sie in ihrer Heimat kennengelernt habe. Nur aus einem Grund hat sie sich in diesem Jahr Hilfe suchend an die Caritas gewandt: Sie konnte die Erdbestattung ihres Vaters nicht bezahlen. 700 Euro Friedhofsgebühr, das überschritt die finanziellen Kapazitäten der Familie. So kam der Kontakt zur Stiftung Lichtblick zustande und konnte geholfen werden.
Helena Vakulenko findet trotz einer Umschulung in Hauswirtschaft keine Arbeit. Ihr Mann Viktor arbeitet als Erntehelfer, pflückt Kirschen im Sommer, Äpfel im Herbst. Zeitjobs, die keine Extras zulassen. Die Wohnung der beiden ist penibel aufgeräumt, der Sohn in der Förderschule. Er ist Epileptiker – von Geburt an behindert. Kurz nach dem Tod des Großvaters hatte er nach sechsjähriger Pause einen heftigen epileptischen Anfall. Helena und Viktor erzählen das beinahe beiläufig. Denn neben dem verstorbenen Vater haben sie vorher Helenas Mutter, die an Alzheimer erkrankt war, bis zum Tode gepflegt. „Wir sind stark“, sagt die zierliche Frau und man glaubt es ihr.
Doch wie wichtig die Hilfe aus dem Fonds der Lichtblick-Stiftung nicht nur in finanzieller Hinsicht sein kann, das macht sie ebenfalls deutlich: „Als dieses Geld kam, haben wir gespürt, wir sind nicht alleine.“