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Behinderte auf Abenteuertour

Juanas Gesicht ist mit feinem hellen Staub überzogen. Stolz hält die 16-Jährige einen glatt geschliffenen Speckstein mit kleinem keilförmigen Loch in den Händen: Einen Stifthalter, den sie selbst in gut anderthalb Stunden herstellte.

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Von Manuela Reuß

Juanas Gesicht ist mit feinem hellen Staub überzogen. Stolz hält die 16-Jährige einen glatt geschliffenen Speckstein mit kleinem keilförmigen Loch in den Händen: Einen Stifthalter, den sie selbst in gut anderthalb Stunden herstellte. „Den kriegt mein Bruder zum Geburtstag“, erzählt sie. Ein Glas kalten, erfrischenden Tee hat sich die Panschwitzerin jetzt verdient. Genüsslich schlürft sie ihr Getränk. Allerdings veranlassen die vielen Zuckerstückchen im Glas Regina Lehmann zu mahnenden Worten. „Ich mag Zucker“, erklärt Juana fröhlich lachend ihrer Schulleiterin, geht zu den anderen Mädchen und Jungen und freut sich aufs Kahn fahren.

Bautzener Kinder dabei

Jedes Jahr, so berichtet Regina Lehmann, gehe die Förderschule für geistig Behinderte des Klosters St. Marienstern, in der auch zahlreiche Kinder aus Bautzen lernen, für zwei Tage auf Abschlussfahrt. „In den letzten Jahren waren wir in Rosenthal auf der Wallfahrtswiese und in der Ferienoase Commerau.“ Dort, so erzählt die Schulleiterin, konnten die Pferde samt Gefährt über Nacht bleiben. Im Abenteuercamp Deutschbaselitz war für die Vierbeiner kein Platz. Also mussten sie wieder zurück. In der Kutsche werden die Rollstuhlfahrer und schwerst mehrfachbehinderte Kinder chauffiert. Die anderen Schüler durften nach Deutschbaselitz radeln. Im Camp angekommen, erwartete die Mädchen und Jungen nicht nur eine Erfrischung und das Mittagessen, sondern auch Specksteinbearbeitung und Kahnfahren. „Eigentlich wollten wir auch noch klettern, aber das wäre dann zu viel geworden“, schätzt die Schulleiterin ein. Zumal es nicht so viele Kinder gebe, die dieses Angebot hätten nutzen können. Und auch finanziell hätte es Probleme gegeben.

Abends waren auch die Eltern ins Camp eingeladen. „Wir haben Grillwürste besorgt und einen Salat bestellt. Den bringt uns unser Hausmeister raus“, erzählt die 44-Jährige, die seit 1994 die Schule leitet. Nach dem Grillen würden die Rollstuhlfahrer von ihren Eltern mit nach Hause genommen. Für drei sehr schwache Kinder war sogar schon nach der Kutschfahrt Schluss. „Mehr hätten sie nicht ausgehalten.“ Alle anderen schlafen im Heu auf dem Boden des Fachwerkhauses. Besser gesagt fast alle. „Wir müssen erst sehen, wer es verträgt. Manche sind ja allergisch.“ Überhaupt sei das Übernachten nicht ganz ohne. „Wir betreuen die Kinder sonst nicht nachts, da weiß man nicht, wie sie sich verhalten.“ Zumindest personell gebe es keine Probleme. Sechs Praktikanten, drei Therapeuten, sechs Lehrer und vier pädagogische Mitarbeiter begleiteten die behinderten Kinder. Und die waren schon Wochen vor dem Ausflug ganz aufgeregt. „Koffer packen und Zelten mögen sie gern“, weiß Regina Lehmann. Als es im April für eine Woche an die Ostsee ging, sei es genauso gewesen. In zwei Wochen gibt’s für die Förderschüler Zeugnisse. Dort finde man keine Zensuren, sondern ein Worturteil, berichtet die Schulleiterin. Lesen und Schreiben lernen jene, die dazu in der Lage sind. Auf dem Stundenplan stehen auch Werken, Musik, Schulgarten, Zeichnen, Umwelt, Sport und Reiten. „Dafür haben wir eigene Pferde und eine Reithalle.“ Schließlich sei Reiten eine gute Therapie für Behinderte.