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Bei Bäcker Förster gibt es bald die letzten Brötchen

Die bekannte Bäckerei an der Hauptstraße in Radebeul-Ost schließt. Noch hat sich kein Nachfolger gefunden.

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Von Ines Scholze-Luft

Eigentlich wollen Försters gar nicht darüber reden. Über das Ende einer Handwerkstradition im Osten der Lößnitzstadt. 40 Jahre lang haben sie an der Hauptstraße Brot, Brötchen und Kuchen gebacken und verkauft. Bäckermeister Wolfgang Förster und seine Frau Heidemarie, von Beruf Fachverkäuferin für Fleisch und Wurst. Und nun soll in wenigen Tagen Schluss sein mit dieser Lebensaufgabe. Dann gibt es in Radebeul nur noch zehn Bäckereien, die die Backstube am Laden haben.

Zweimal Bäckermeister Wolfgang Förster in der Backstube: 1981 am Backofen (gr. Bild) und (kl. Bild) vor wenigen Tagen. Die Bäckerei Förster auf der Hauptstraße in Radebeul-Ost schließt Ende März. Fotos: Arvid Müller/Archiv
Zweimal Bäckermeister Wolfgang Förster in der Backstube: 1981 am Backofen (gr. Bild) und (kl. Bild) vor wenigen Tagen. Die Bäckerei Förster auf der Hauptstraße in Radebeul-Ost schließt Ende März. Fotos: Arvid Müller/Archiv

„Anfangs wird es uns noch wie Urlaub vorkommen“, sagt die resolute Bäckersfrau. Aber dann? Am 31. März endet ein bewegtes Kapitel Familiengeschichte, über das die beiden dann doch stundenlang erzählen könnten. Gleich als erstes fällt Heidemarie Förster wieder der wohl größte Schreck ein. Den gab es im zweiten Jahr, nachdem sie die Bäckerei von Karl Füssel übernommen hatten. Am 13. Februar 1974 explodierte der Backofen im Keller des Hauses. Wolfgang Förster: „Ein Glück, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Backstube stand.“ Feuerwehr, Polizei und Bürgermeister waren schnell zur Stelle. Und auch Ersatz für den Ofen. Denn Försters backten unter anderem für Diabetiker. Ein zu langer Ausfall sollte den Radebeulern nicht zugemutet werden.

Schon als Försters noch Mieter auf der Hauptstraße 20 waren, haben sie dort investiert. Und noch einmal, nachdem sie das Haus 1995 gekauft hatten. „Dann haben wir voll saniert“, sagt Wolfgang Förster. Nichts hat die Familie von ihrem Einsatz für ihr Geschäft abhalten können. Und offensichtlich war der Elan so ansteckend, dass es auch zwei der drei Kinder in den Betrieb zog. Die Jüngste, Zahntechnikerin und Grafik-Designerin Christin, allerdings nicht. Tochter Kathrin Bauer (44) dagegen, die anfangs eigentlich nie in den Laden wollte, lernte nicht nur Konditor. Sie eröffnete sogar ein Café neben der elterlichen Bäckerei, mit dem sie viele Pläne hatte. Inzwischen arbeitet Kathrin Bauer nicht mehr bei ihren Eltern. Aber sie hilft ab und an mit, wenn Personal im Laden fehlt.

Bruder Frank (47) dagegen ist noch dabei. Der gelernte Bäcker steht seit 28 Jahren in der Backstube. „Er war keinen Tag krank“, sagt seine Mutter. Was nicht heißt, dass es ihm gesundheitlich immer gut ging. Trotzdem hielt er die ganzen Jahre zusammen mit seinem Vater und dem Gesellen Maik Güttler die Backstube in Schwung.

Bei Försters gibt es keine Fertigprodukte, keine Frostlinge. Jeden Morgen werden die Teige frisch gemacht. Und wenn die Brötchen alle sind, sind sie eben alle. Nichts ist aus der Kühltruhe, nichts aufgebacken. „Das ist alles noch Handarbeit“, sagt Bäckermeister Wolfgang Förster.

Bei ihm hat die schwere Arbeit deutliche Spuren hinterlassen. Auch die Hüften des 72-Jährigen sind kaputt. Heute steht er nicht mehr am Backofen.

Försters Produkte sollen bleiben

Nach der Hüft-OP des Vaters übernahm Sohn Frank die gesamte Produktion. Wolfgang Förster kümmerte sich um die Büroarbeit. Ehefrau Heidemarie (69) steht noch immer hinter der Ladentheke und managt das Geschäft. „Doch die Gesundheit ist dahin, das Alter fordert seinen Tribut“, sagt der Meister. „Wir haben den Schlussstrich lange hinausgezögert.“ Wegen der Mitarbeiter, die zum Teil fast 30 Jahre hier sind, wie Sohn Frank, Geselle Maik, die Konditorinnen Judith Förster und seit 17 Jahren Heike Schneider. Und wegen der Kunden natürlich. „Doch jetzt muss Schluss sein. Die Stollenbäckerei haben wir gerade noch so geschafft. Nun wird es Zeit“, sagt Heidemarie Förster. Die Bäcker im Ruhestand wollen sich dann in ihr Haus in Friedewald zurückziehen.

Noch immer suchen Försters einen Nachfolger. Das ist eine schwierige Sache für eine Kellerbäckerei. Da geht es ständig treppab in die Backstube, treppauf in den Laden. Interessenten, die dort nur eine Filiale einrichten wollten, hätten sich schon gemeldet. Doch das wollen Försters nicht. Auf ihre Nachfolger warten bauliche Veränderungen. Räume und Gerätschaften müssten gepachtet und die Produktpalette übernommen werden, so die beliebten „DDR-Brötchen“ und der traditionelle Fruchtkuchen aus Hefeteig mit Butterstreuseln. Nicht zu vergessen die Eierknoten: Der süße Hefeteig ist seit Jahrzehnten ein Renner im Hause Förster. Ob es ihn wieder geben wird an der Hauptstraße 20? Die Bäckerfamilie würde es freuen.