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Beim kleinen Leuchtturm

Wirtschaft. Hartmut Paul, Sachsens IHK-Chef,interessiert, wie Bänder bei der Firma Schurig in Großröhrsdorf entstehen.

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Von Reinhard Kärbsch

Am Ende seiner Visite als Vorsitzender der sächsischen Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte Hartmut Paul einen ganz privaten Auftrag für den Bandhersteller. „Dieses herbstliche Schmuckband, das breite, wo die Farben ineinander übergeben, hätte ich gern noch einmal gesehen.“ Kein Problem! Christian Tietze, der 85-jährige Inhaber der F. A. Schurig GmbH & Co. KG, macht Anstalten, in den Lagerraum zu gehen. „Lass mal Vater“, sagt Sohn Frank und verschwindet. Höchstens zwei Minuten später reicht er Paul das Gewünschte, eines der 5 000 Produkte, die hier hergestellt werden.

Als Vorsitzender der IHK will Hartmut Paul Firmen kennenlernen. Und bei Christian und Frank Tietze sowie Bernardo Nicolai – Vater als Inhaber, Sohn als Manager und Enkel als Geschäftsführer – gab es mal nicht Klagerei und rote Zahlen wie so oft. Ihm wurde ein Familienunternehmen vorgestellt, dass „sich mit seiner Firmenphilosophie am Markt etabliert hat und wo es vorwärts geht“, sagte er am Schluss. Ihn freue auch die wiederum bestätigte Erkenntnis: Nischenproduktion läuft in Sachsen im Grunde gut, mit kleinen neben den großen Leuchttürmen. Denn Dekorationsbänder, selbst wenn davon jährlich 163 Millionen Meter in Großröhrsdorf hergestellt werden, gehören zu den eher seltenen Produkten.

Das mit den schwarzen Zahlen seit Jahren, von denen anfangs bei der Vorstellung des Betriebes Frank Tietze gesprochen hatte, musste er hier nicht wiederholen. Preise aber, die Frage wollte Paul noch los werden. Frank Tietze sagte nur einen Satz: „Wir sind konkurrenzfähig zu China.“ Paul hatte keine weiteren Fragen. Denn er und seine Begleitung sahen die modernen Webmaschinen in den Hallen und Etagen. Sie erfuhren, dass 90 Mitarbeiter dreischichtig die Anlagen fahren. Mehr geht da nicht. Jährlich werden fünf Lehrlinge aufgenommen und zu Textilmaschinenführern und -mechanikern ausgebildet. Und sie sorgen mit für ein eingewogenes Verhältnis von Jung und Alt.

Der Benjamin-Geschäftsführer Bernardo Nicolai sprach dann aber auch von einer erheblichen Zunahme von Forderungen verschiedener Behörden und Ämter. Umfangreiche Abwasserberichte für das Kamenzer Landratsamt und das Staatliche Umweltfachamt Bautzen. Selbst veränderte Zuordnungen unter dem Dach des Regierungspräsidiums lasse die Flut des Papieres nicht geringer werden.

Hier blieb Hartmut Paul nur eines zu sagen: „Sie können uns als IHK mit ins Spiel bringen. Rufen Sie einfach an, wenn es überhand nimmt.“ Der Präsident kennt nach 14 Jahren Amt sein Gewicht, das ehrenamtliche – und das private sicher auch.