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Beirat soll Bausünden in Meißen verhindern

Ähnlich wie in Dresden sollen Bürger bei Eingriffen ins Stadtbild künftig mehr mitreden können.

Von Peter Anderson
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Meissener Porzellan und Keramik waren lange Zeit Oberbegriffe für viele Porzellan- und Keramikprodukte aus der Stadt. Dies zeigt auch das abgebildete Relief an einem Gebäude auf dem Gelände des Fliesenwerks an der Fabrikstraße. Immer mehr solcher Zeugniss
Meissener Porzellan und Keramik waren lange Zeit Oberbegriffe für viele Porzellan- und Keramikprodukte aus der Stadt. Dies zeigt auch das abgebildete Relief an einem Gebäude auf dem Gelände des Fliesenwerks an der Fabrikstraße. Immer mehr solcher Zeugniss ©  Claudia Hübschmann

Meißen. Ende gut – alles gut? Der Verwaltungsausschuss des Stadtrates soll Mitte Mai beraten, wie eine sogenannte Gestaltungskommission für Meißen aussehen könnte. Das geht aus einem Schreiben von Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) hervor, mit dem dieser jetzt auf eine Anfrage von Linken-Stadtrat Andreas Graff geantwortet hat.

Hinter dem sperrigen Begriff „Gestaltungskommission“ ist ein fester Kreis von Fachleuten und Stadträten zu verstehen, die künftig bei strittigen Eingriffen in das Bild der Porzellanstadt ein Wörtchen mitzureden haben sollen. In diese Kategorie könnten Vorhaben wie die auf dem Kapellenweg geplanten Würfelhäuser oder das Pagoden-Projekt zum Ausbau des Weinguts Schloss Proschwitz Prinz zur Lippe fallen. Das Vorbild für diesen Beirat liefert die Landeshauptstadt Dresden.

Den Anstoß für die jetzt konkretere Formen annehmende Kommission lieferte der Hinweis auf den Verfall des Porzellan-Wandbildes „Hochzeit zu Kana“ auf der Hirschbergstraße. Es wurde vom langjährigen künstlerischen Leiter der Porzellanmanufaktur Ludwig Zepner nach einem Entwurf des Bildhauers Karl-Heinz-Schäfer geschaffen. Linken-Stadtrat Graff kritisierte, dass das Werk verloren zu gehen drohe. Gleichzeitig nutzte er das Beispiel, um darauf aufmerksam zu machen, dass der Stadt allgemein ein Überblick über die Zeugnisse ihres vielfältigen Porzellan- und Keramikerbes fehle. Eine private Liste des Kommunalpolitikers zählt über 25 historisch interessante Einzelobjekte in der Stadt auf, denen ein ähnliches Schicksal droht wie Zepners Wandbild.

Dem Schreiben Raschkes zufolge hat das Rathaus unterdessen angeregt, das Haus Hirschbergstraße 7/8 einschließlich der „Hochzeit zu Kana“ unter Schutz zu stellen und in die Kulturdenkmalliste aufzunehmen. Aktuell werde dies durch das zuständige Landesamt geprüft.

Große Aufgabenfülle wartet

Positiv wird die neue Entwicklung durch den Vorsitzenden des Meißner Kulturvereins Walter Hannot bewertet. „Die Antwort des Oberbürgermeisters zum Thema Keramik ist in der Sache gut und das Ergebnis des Dranbleibens vieler Bürger, allen voran natürlich von Andreas Graff.“ Der Kulturverein setzt sich bereits seit Jahren damit auseinander, dass die Stadt dem einzigartigen Erbe ihrer Keramik- und Porzellanindustrie zu wenig Aufmerksamkeit widmet. Das bundesweite Alleinstellungsmerkmal werde verschenkt. Gut aufgearbeitet könnte es helfen, Zehntausende Touristen in die Stadt zu ziehen.

Tatsächlich dürfte das Porzellan- und Keramikerbe allerdings nur einen von mehreren Arbeitsschwerpunkten einer künftigen Meißner Gestaltungskommission bilden. Der Vorschlag, einen solchen Beirat einzurichten, entstand OB Raschke zufolge bereits 2018 in den Reihen der CDU-Fraktion. Das Rechts- und Kommunalamt des Kreises habe in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass ein solcher Kreis zu gleichen Teilen aus Stadträten und sachkundigen Einwohnern bestehen müsse. In der Folge sei zudem die Idee diskutiert worden, auch externe Spezialisten einzubinden. Der Verwaltungsausschuss am 15. Mai solle diese Details nun klären. Damit wäre es möglich, im Juni über einen mehrheitsfähigen Beschlussvorschlag abzustimmen, heißt es weiter. Anschließend werde es darum gehen, geeignete Personen für den Beirat zu finden.

In Dresden existiert eine Gestaltungskommission mittlerweile seit elf Jahren. Diese soll Beschlüsse zu Bauvorhaben für die Bürger nachvollziehbarer gestalten. Wichtige Aufgabe ist, Vorhaben im Hinblick auf ihre städtebauliche und gestalterische Qualität zur überprüfen und ihre Folgen für das Stadt- und Landschaftsbild zu beurteilen. Anfänglich bildete vor allem die an historischen Vorbildern orientierte Rekonstruktion des Neumarktes ein wichtiges Arbeitsfeld.

Architekten sind stark vertreten

Aktuell gehören dem Beirat nach Angaben des Dresdner Rathauses insgesamt fünf Mitglieder an. Dazu zählen, die dänische Architektin Mikala Holme Samsøe, die Dresdner Landschaftsarchitektin Barbara Hutter, der Schweizer Professor Jürg Sulzer sowie zwei weitere Architekten.

Das nächste Mal öffentlich tagen wird die Kommission am 3. Mai, ab 13 Uhr, im Dresdner Rathaus. Auf der Tagesordnung finden sich unter anderem ein geplantes Wohnquartier an Zinzendorfstraße und Bürgerwiese sowie Vorschläge des Beirats zu den Fassaden der Häuser entlang der Bautzener Landstraße.