Bekommt Dresden diesen Turm zurück?

Noch ist es nur ein Modell: 31 Zentimeter hoch, als dreidimensionaler Druck aus Kunststoff – der Wolfshügelturm. Stolz präsentiert Kristin Sturm den kleinen Ableger des 1912 von Stadtbaumeister Hans Erlwein entworfenen Bauwerks. Die SPD-Stadträtin nimmt einen neuen Anlauf, den 1945 zerstörten Turm wieder aufzubauen. Denn seit Mai 1945 steht in der Heide, am Ostrand des Albertparks, in unmittelbarer Nähe zum Weißen Hirsch nur noch ein Stumpf. Die Wehrmacht hatte den Turm in den letzten Kriegstagen gesprengt, um ihn nicht als Beobachtungsposten an die sowjetische Armee abgeben zu müssen.
„Ich möchte den Turm wieder als Ausflugsziel zugänglich machen“, erklärt Sturm. Seit rund eineinhalb Jahren plant sie mit ihren Mitstreitern daran. Früher war er wegen seines Ausblicks beliebt und genau diesen Ausblick sollen die Dresdner wieder genießen können. Wanderer, Jogger, Mountainbiker und mehr sind in der Heide unterwegs. Dort einen weiteren Ort zum Verweilen zu schaffen, ist das Ziel. „Wir möchten einen weiteren Anlass schaffen, in die Heide zu gehen“, erklärt Sturm. Sie ist beim Joggen auf die Idee gekommen, als sie mehrfach an dem Stumpf vorbeilief.

Es dürfte ein teures Projekt werden. Schätzungen gehen von 500.000 bis zu zwei Millionen Euro Kosten aus. Die Summe will der Verein von Sturm durch Spenden sammeln. Aber alles Schritt für Schritt. Bisher gibt es das Modell aus speziellem Kunststoff. Die 850 Euro dafür hat der Verein übernommen. Jetzt werden zunächst weitere 15 000 bis 40 000 Euro benötigt. Begehungen haben ergeben, dass der Sockel des Turms stark beschädigt ist. Es müssen aufwendige Bohrungen und Materialuntersuchungen gemacht werden. „Ziel ist es, dieses Jahr auf jeden Fall den Sockel wieder aufzubauen, wenn er zu reparieren ist“, erläutert Sturm. Derzeit gehe man zu 70 Prozent davon aus, dass der Sockel wieder hegestellt werden kann. Es muss auch geklärt werden, ob der Sockel dann noch das Gewicht eines Turms trägt. Wenn nicht, muss mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden, ob auch ein neuer Sockel möglich ist. Die Denkmalschützer der Stadt haben grundsätzlich zugestimmt, den Turm wieder aufzubauen. Das Areal gehört der Stadt. Aber der Verein wolle kein Geld von der Stadt, betont Sturm. Der Turm soll als eine Art Bürgerinitiative neu entstehen. Allerdings möchte Sturm das Areal erst pachten, wenn klar ist, ob der Turm wieder aufgebaut werden kann. Bis dahin müsse die Stadt Untersuchungen des Sockels und der Bodenbeschaffenheit genehmigen.
Parallel zu den Untersuchungen und Planungen für den Sockel startet der Verein das, was Sturm „Phase II“ nennt. „Wir wollen diskutieren und entscheiden, ob der Turm streng historisch, nach historischem Vorbild oder in Teilen modern wieder aufgebaut wird.“Virtuelle Gänge durch den Wolfshügelturm gab es bereits bei einer öffentlichen Mitgliederversammlung des Vereins. Dafür hatte der Verein ein 3-D-Modell erstellen lassen. Das Modell, also die Miniatur, zeigt übrigens den Turm, wie er historisch war. Sturm ist Fan dieser Variante. Aber eine Entscheidung dazu fällt erst noch. Daran wollen die verantwortlichen im Verein auch die Dresdner beteiligen. „Seit Januar sind wir ein eingetragener Verein, es ist also allen möglich, Mitglied zu werden – und natürlich zu spenden“, wirbt Sturm um Geld und weitere Mitstreiter. Es gebe bereits potente Spender, die höhere Summen angekündigt haben, wenn es tatsächlich losgeht.
Auf dem Wolfshügel stand bereits 1886 ein Holzgerüst. Das wurde aber 1900 abgerissen, weil es baufällig war. Der Hügel, der 211 Meter über dem Meeresspiegel liegt, hat den Namen vom bereits im 16. Jahrhundert erwähnten Wolfsgarten. Dort wurden Wölfe für Hetzjagden gehalten. Die Erlwein-Variante war aus Stein, mit zwei Wendeltreppen, die sich gegenüber lagen. Oben, etwa 20 Meter über dem Hügel, hatten Besucher dann einen Panoramablick über Dresden. Über dem Aussichtsrondell war eine kupfergedeckte Turmhaube. Der Blick vom Rondell galt als ähnlich beliebt wie der Blick vom Luisenhof. Bis Dresdner diesen wieder erleben dürfen, werden aber noch Jahre vergehen. Sturm hat sich das Ziel gesetzt, dass es maximal zehn Jahre dauern darf.