Von Heike Sabel
Hans Peuker hat die Unterlagen weggeräumt. Er wird es wohl nicht mehr erleben, dass die Berggießhübler Heilquelle wirklich sprudelt. Der Berggießhübler gehörte Ende der 1990er-Jahre zu denen, die euphorisch die Probebohrungen verfolgten und sich freuten, als sie erfolgreich waren. In 140 Metern Tiefe war 1995 eine Radonquelle gefunden worden. Die Zukunft sah strahlend aus.
Ein Kurhotel wurde geplant, im Georgenbad sah man die Kurgäste flanieren. Doch das Kurhotel sollte im Außenbereich liegen und hatte damit keine Chancen, genehmigt zu werden. Und die Rohrleitung von der Quelle bis zum Georgenbad wäre aufgrund ihrer Länge sehr teuer geworden. Abgesehen davon, dass sich auf dem Weg wohl einiges vom dem Radon verflüchtigt hätte. Die Gefahr war groß, dass am Ende nur noch reines Wasser ankommt. So verabschiedete man sich mehr oder weniger still von der Quelle, die nie sprudelte. Vor etwa vier Jahren gab es einen letzten Anlauf, die inzwischen versiegelte Quelle anzuzapfen, sagt Bürgermeister Thomas Mutze (parteilos). Doch auch diesmal floss kein Tropfen. So schlummert das Wasser weiter in der Erde am Eibischstein, und Hans Peuker ärgert sich weiter darüber.
Eine fast 300-jährige Geschichte
Für die Rohrleitung hätte es auch eine Lösung gegeben, sagt er. „Bis zum Autohaus, und dann durch den Stollen.“ Vielmehr seien wohl die Genehmigungen und die Unterstützung aus medizinischer Sicht das Problem. Um die habe auch er sich vergeblich bemüht.
Radon ist umstritten. Auch wenn das sächsische Schlema und Bad Gastein in Österreich gut davon leben. In beiden Orten haben sich die Berggießhübler umgeschaut. Als jedoch klar war, dass die zweite Klinik in Berggießhübel nicht gebaut wird, sanken die Chancen weiter. Die Anerkennung als erste staatliche Heilquelle nach 1990 lief 2000 nach einer Verlängerung aus. Sie müsste also neu beantragt werden. Und das ist nicht kostenlos. Auch in Bad Gottleuba war der Stadtrat einst euphorisch und sah sich schon als Thermalbad. Sogar Anteilsscheine verkaufte der damalige Bürgermeister schon für das in rund 800 Metern Tiefe blubbernde Wasser. Eine Bohrfirma wollte das Risiko, das nach drei Gutachten bei 50:50 lag, übernehmen. Das Angebot der Firma und die Genehmigung des sächsischen Oberbergamtes endeten 2003. Auch hier hatten am Ende die Kosten abgeschreckt. Trotz der Beteiligung der Bohrfirma spricht Mutze von über einer Million Euro. Hans Peuker sieht ein, das ist zu viel. Auch für den Gebirgsverein Berggießhübel wäre das eine Nummer zu groß gewesen. „Das übersteigt unsere Möglichkeiten“, sagt Vorsitzende Gudrun Gierth. Dabei hätte der Verein sich gefreut, wenn der Kurort zu seinen Wurzeln zurückgekehrt wäre. 1717 war im Johann-Georgen-Stolln im Wald hinter der Schule eine Quelle entdeckt worden. Als 1722 eine weitere Quelle hinzu kam, bauten die Berggießhübler ein neues Badehaus. 1731 läuft Berggießhübel zur Hochform auf. Der Kurpark, ein Lusthaus für Badegäste und das Gasthaus Sächsisches Haus brachten den Aufschwung. 100 Jahre später bringen französische Truppen den Badebetrieb zum Erliegen, der 1822 neu belebt wird. Die beiden Weltkriege und das Hochwasser 1927 bedeuten wieder große Einschnitte. Doch immer haben sich Berggießhübel und Bad Gottleuba wieder aufgerappelt. Auch wenn die Anfang der 1990er-Jahre versprochene rosige Zukunft für die Kurorte nicht ganz so rosig wurde.
Die in der Erde ruhenden Quellen sind jedenfalls vorerst kein Thema. Derzeit hat der Doppelkurort andere Sorgen, sagt Bürgermeister Mutze. Irgendwann vielleicht kann man mal wieder drüber reden. Aber das werde wohl auch er nicht mehr erleben. Bis dahin bleibt der Artikel aus der Sächsischen Zeitung von 1995 mit Horst Klengel an der Quelle im Eingang des Besucherbergwerks hängen. Und Hans Peuker führt seine Gäste immer mal wieder an die versiegelte Quelle.