Von Constanze Junghanß
Löbau-Zittau. Michael Mrochem, Chef vom Bestattungshaus „Abschied“ in Löbau, seufzt über die vielen offenen Rechnungen. Mittlerweile liegt die Gesamtsumme dessen, was Kunden ihm noch schulden, allein in diesem Jahr im fünfstelligen Bereich. Geld, das dem Unternehmer fehlt. Über den Spruch „Gestorben wird immer“, der suggeriert, Bestattungshäuser seien ein einträgliches Geschäft, kann der Löbauer nur müde lächeln. Seiner Erfahrung nach haben Bestattungen mittelloser Menschen stark zugenommen. Zwar springe das Sozialamt ein, wenn Angehörige die Kosten nicht tragen können. Doch das Verfahren dauert lange. Bis zu anderthalb Jahren muss der Bestatter warten, bevor alle möglichen weiteren Angehörigen überprüft sind, ob nicht doch jemand über finanzielle Mittel verfügt. Auf einer Rechnung von mehreren Tausend Euro blieb er mittlerweile sogar sitzen.
Ohnehin muss erst einmal der Bestatter in Vorleistung gehen. Schließlich müssen Verstorbene so oder so unter die Erde gebracht werden. Sieben bis acht Beerdigungen pro Monat sind das beim Bestattungshaus „Abschied“. Jede dritte davon sei mittlerweile eine Beisetzung von Menschen ohne ausreichende finanzielle Mittel, so Mrochem.
Der Beitrag bei Spiegel-TV von Autor Adrian Basil Müller, der für Schlagzeilen sorgte, beginnt mit Szenen auf dem Friedhof. Dort heißt es gleich am Anfang: „Wenn im sächsischen Löbau gestorben wird, fällt die Beerdigung meistens bescheiden aus.“ Wer in diesem Leben schon zu wenig hatte, der fände seine letzte Ruhe in der Urnengemeinschaftsanlage – finanziert durch einen ganz besonderen Kredit. Darauf geht Michael Mrochem im TV-Beitrag ein. Neuerdings bestünde die Möglichkeit, einen Ratenkredit bei der Volksbank Löbau-Zittau für eine Bestattung aufzunehmen. Die Monatsraten würden zwischen 50 und 150 Euro betragen. Auf Nachfrage der SZ sagt der Bestatter, dass dieses Angebot bisher ein einziges Mal von seinen Kunden in Anspruch genommen wurde. Der TV-Beitrag vermittelt den Eindruck, in Löbau wäre das nun gang und gäbe.
Doch einen speziellen Beerdigungskredit gibt es gar nicht. Das bestätigt auf Nachfrage der SZ Doreen Fobe von der Volksbank. Vielmehr biete das Geldinstitut ganz allgemein Handwerks-, Dienstleistungs- und Einzelhandelsunternehmen die Möglichkeit, für ihre Kunden einen Ratenkredit zu vermitteln. „Die in der Region tätigen Unternehmen können damit innerhalb von wenigen Minuten eine Finanzierung an uns vermitteln“, sagt Frau Fobe. Zu den regionalen Unternehmen gehören eben auch Beerdigungsinstitute. Seit Einführung dieser Finanzierungsmöglichkeit im April 2015 nehme die Anzahl der Händler, die sich für dieses System freischalten lassen, kontinuierlich zu, heißt es vonseiten der Bank. Wie viele Beerdigungsunternehmen darunter sind, wird nicht aufgeschlüsselt.
Bei der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien zeigt man sich verwundert: „Es entspricht grundsätzlich nicht der Geschäftspolitik, Kredite für die Finanzierung von Beerdigungen anzubieten“, so Pressesprecherin Kirsten Müller. Jedoch: Im Einzelfall unterstütze die Sparkasse den Kunden bei einer Finanzierung. Aktiv angeboten wird ein „Beerdigungskredit“ aber nicht. Stattdessen verweist die Sparkasse auf eine entsprechende Versicherung, das so genannte Sterbegeld als Vorsorgemöglichkeit.
Dass immer öfter das Geld für eine Bestattung fehlt, weiß auch Geschäftsführer Udo Zimmermann vom Zittauer Bestattungshaus „Friede“. Bei ihm gibt es ebenfalls die Möglichkeit der Ratenzahlung. Auffällig sei, dass immer öfter das Sozialamt für die Beerdigungskosten einspringen muss, wenn Angehörige selbst nicht finanziell in der Lage sind, die Bestattung zu bezahlen, sagt Zimmermann. Er vermutet, dass künftig die preiswerteren, anonymen Bestattungen zunehmen. Solche bietet zum Beispiel das Bestattungswesen Zittau, ein Geschäftsbereich der Städtischen Beteiligungs-GmbH, an. In dem mittlerweile etwa 4,5 Hektar großen Urnenhain gibt es eine anonyme Urnengemeinschaftsgrabanlage. Auf dem im Volksmund als „Grüne Wiese“ bezeichneten Terrain werden die Verstorbenen auf einem gemeinsamen Gedenkstein geehrt. Die Kosten dafür gibt das Unternehmen mit 1300 Euro für 20 Jahre an. Zum Vergleich: Eine Grabstelle im Familiengrab kostet im Zittauer Urnenhain auf den gleichen Zeitraum gerechnet das Doppelte.