Von Reinhard Kärbsch
Sie spielen auf dem Thonberger Rasenplatz Fußball wie die kleinen Profis – 14 Mädchen und Jungen aus dem Kreis Buda-Koschelewo in Belarus. Tschernobylkinder zu Besuch bei Freunden! Das funktioniert nun bereits zum 17. Mal hintereinander. Ihr Land ist bei der Weltmeisterschaft zwar nicht vertreten, aber die jungen Damen drücken den Ukrainern fest die Daumen. Rein gefühlsmäßig. Bisher hat es ja bestens geholfen. Die Jungen finden, rein vom Fußballverstand her, dass die Brasilianer Weltmeister werden sollten. Und die Thonberger Gastkicker fühlen sich wohl, auch außerhalb des Spielfeldes.
Ideenreiche Geldbeschaffung
Seit dem 5. Juni läuft im Landkreis Kamenz die diesjährige Ferienaktion für die Kinder von Tschernobyl. Und alles klappt für die gegenwärtig 137 Mädchen und Jungen – in Kamenz, Radeberg, Bernsdorf, Ottendorf-Okrilla, Panschwitz-Kuckau und Schmorkau. Am 19. Juni trafen die letzten Kinder des ersten Durchganges ein. Die ersten reisen am 1. Juli wieder gen Heimat. Sie alle sind bei Gasteltern untergebracht. Diesmal erwies sich im Vorfeld die Frage der Beförderung als problematisch. Aber die polnische Staatsbahn brachte die Gäste aus Belarus bis nach Zgorzelec. Die Busse brauchten nur ein paar Meter weiter fahren. Die kleineren Probleme, die es immer gibt, werden von einem kompetenten ehrenamtlichen Team mit den Betreuern und Gasteltern an Ort und Stelle gelöst, versicherte Vereinsvorsitzender Georg Tietzen. Er und seine Mitstreiter haben Jahr für Jahr mit der immer schwieriger werdenden Kostenfrage zu kämpfen. Mit der Lösung haben sie schon im August 2005 begonnen. Anderen und auch ihnen fällt dazu immer noch etwas ein. Und viele Menschen helfen. Erst am 19. Juni flogen auf dem Kamenzer Markt ein paar bekannte Kamenzer Männer ins kalte Wasser – durch Ballschüsse, die trafen.
Spenden weiter nötig
Der Spaß des Veranstalters hatte einen ernsten sozialen Hintergrund: 700 Euro bekam der Tschernobylverein für die laufende Ferienaktion. Für die mit Diabetes lebenden Kinder aus Belarus hofft der Verein erstmals mit Patenschaften von Firmen und Privatpersonen, einen Teil der notwendigen Kosten zu erbringen. Neben der Spendenquittung gibt es eine Urkunde, ein großes Dankeschön sowie – fröhliches Kinderlachen. Der Aufenthalt eines solchen Kindes kostet für drei Wochen immerhin 350 Euro.
Neu ist 2006 auch das Folgende: Am heutigen 29. Juni informieren 19 Uhr im Kamenzer Stadttheater vier Zeugen der Tschernobylkatastrophe vor 20 Jahren. Es sind mit Valentina Smolnikowa, Kinderärztin und Vorsitzende der Regionalgruppe Buda-Koschelewo des Vereins „Den Kindern von Tschernobyl“, Olga Jantschenko und Sinaida Antipenko, Leiterinnen humanitärer Projekte, sowie der Lehrerin Elena Parfenenko vier engagierte Frauen, die sich seither um die Kinder von Tschernobyl kümmern. Letztere schildert in der Broschüre, die der Kamenzer Tschernobylverein im April herausgab, ihre Eindrücke und Erlebnisse der Tage nach dem 26. April 1986 äußerst eindrucksvoll. Das kleine Buch ist unter anderem im SZ-Treffpunkt erhältlich.
Spenden für den Tschernobylverein Kamenz: Ostsächsische Sparkasse Dresden, Konto 3 100 160 150, BLZ 850 503 00; bei Spendenquittungen Adresse unter Verwendungszweck angeben.