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Bevor einer baden geht

Wenn der erste Besucher in die Körse-Therme kommt, liegen hinter den Mitarbeitern schon vier Stunden Dienst.

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Von Katja Schäfer

Jetzt ist Vorsicht geboten: Bevor Thomas Clamann den großen blauen Kanister anfasst, zwängt er seine Hände in knallgelbe Gummihandschuhe. Denn die Chlorbleichlauge im Behälter kann schwere Verätzungen verursachen. In der Körse-Therme ist sie aber unentbehrlich für die Desinfektion des Badewassers. Behutsam füllt der große schlanke Mann mit der blauen Arbeitshose das Chlor in eine der Wasseraufbereitungsanlagen im riesigen Keller, der voll ist von dicken und dünnen schwarzen Rohren, großen Pumpen, unzähligen Kabeln, hohen Schaltschränken und anderer Technik. Es rauscht und gluckert, zischt und summt laut in den Eingeweiden des Bades. Thomas Clamann ist Haustechniker. Sein Dienst beginnt lange bevor der erste Badegast um 10 Uhr durch die gläserne Drehtür kommt. Genau gesagt: vier Stunden eher. Wenn er seine Schicht in der Körse-Therme antritt, ist er bei Weitem nicht der einzige. Auch geputzt wird um diese Zeit schon emsig.

Stefanie Schwarze (l.) und Josephine Barthel schrubben die Überlaufrinne am Durchgang zum Außenbecken.
Stefanie Schwarze (l.) und Josephine Barthel schrubben die Überlaufrinne am Durchgang zum Außenbecken.
Küchenchef Frank Neuhaus bereitet vieles vor, damit hungrige Badegäste ihr Essen schnell bekommen.
Küchenchef Frank Neuhaus bereitet vieles vor, damit hungrige Badegäste ihr Essen schnell bekommen.

In der Saunalandschaft ertönt lautes Gebrumm. Es kommt von der großen gelben Maschine, die mit rotierenden Bürsten die Fußböden säubert. Monika Kaufer schiebt das Ungetüm langsam vor sich her. Erst rund um die geschwungenen Sitzbänke in der Mitte der Anlage. Dann im langen Ruheraum einmal auf der einen Seite hin und zurück. Bevor die andere Seite an die Reihe kommt, muss die blonde Frau erst die 20 Liegen beiseite rücken – und nachher wieder an ihren Platz zurück. Zweimal in der Woche werden die Fußböden gebürstet. Gewischt jeden Tag. Absolute Sauberkeit zu jeder Zeit ist Geschäftsführer Matthias Waurick ganz wichtig. Deshalb beschäftigt er keine externen Firmen für die Reinigung. Aber auch in der Küche und jedem anderen Bereich arbeiten nur hauseigene Beschäftigte. Insgesamt 31 Mitarbeiter hat die Körse-Therme. „Die größten Vorteile sind, dass wir ganz flexibel bleiben und dass sich die Beschäftigten mit dem Unternehmen identifizieren“, sagt Matthias Waurick. 475 Badegäste kommen im Durchschnitt pro Tag. Sie sollen nirgends Dreck entdecken. Deshalb wird das gesamte Haus täglich gründlich gesäubert. Bis in die hinterste Ecke. Sogar jeder einzelne der 281 Garderobenschränke wird allabendlich ausgewischt.

Die acht Reinigungskräfte arbeiten in drei Schichten, an sieben Tagen in der Woche. Vom Kassengebäude bis zum Solestollen schwingt die Nachtschicht Besen, Lappen, Schrubber und Reinigungsmaschine. Die Saunawelt kommt in der Frühschicht dran. Dort hat Kerstin Kokel gerade den feinen Sand glatt geharkt, der im Raum für Sand- und Lichttherapie den ganzen Boden bedeckt. Aus einer großen Flasche sprüht sie jetzt noch Desinfektionsmittel darüber. Die Relaxliegen bekommen ebenfalls eine Sprühkur, genau so die hölzernen Bänke in den Saunen. Mit einer schnellen Handbewegung wischt Kerstin Kokel sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, denn obwohl sie nur mit kurzen schwarzen Hosen und einem hellgelben Trägershirt bekleidet ist, schwitzt sie. Schließlich herrscht etwa 25 Grad Celsius. Noch. Denn bisher sind Saunen ja nicht an.

Viel wärmer haben es Stefanie Schwarze und Auszubildende Josephine Barthel. 30 Grad Lufttemperatur zeigt das riesige Thermometer in der Badehalle an. Dort stehen die zwei jungen Frauen am Durchgang zum Außenbecken bis zu den Knien im Wasser. Beide mit kurzen Hosen – Stephanie Schwarze mit nackten Beinen, Josephine Barthel mit Gummistiefeln. Immer wieder tunken sie blaue Schrubber in einen blauen Eimer, der eine alkalische Reinigungslösung enthält. Damit bearbeiten sie die Überlaufrinne und die Beckenränder. Einmal in der Woche ist das bei jedem Becken dran. Doch nicht nur mit der Wärme müssen die beiden Frauen klarkommen. Auch mit Lärm. Denn in der Badehalle herrscht schon reger Betrieb. Zweitklässler aus Wehrsdorf und Steinigtwolmsdorf sind zum Schulschwimmen gekommen. Das findet ebenso wie Babyschwimmen und Therapie-Schwimmen vor den Öffnungszeiten statt. Ab 7 Uhr. Die Kinder lachen und kreischen und rufen laut.

Andreas Paul lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Seit sieben Jahren ist er schon Haustechniker in der Körse-Therme. Seelenruhig steigt er auf eine große Leiter. Eine der Kugellampen in Nähe des Strömungskanales flackert seit letztem Abend. Andreas Paul schraubt den weißen Schirm ab, zieht die kaputte Energiesparlampe aus der Fassung, steckt die neue hinein und baut den runden Schirm wieder an. Dann setzt er sich im Schwimmmeisterraum vor die beiden Computer-Monitore und schaut konzentriert auf all die Werte, die über das Funktionieren von Heizung und Lüftung sowie über die Wasserwerte Auskunft geben. Für jedes Becken einzeln werden permanent Chlorgehalt und pH-Wert angezeigt. Bei Abweichungen von der Norm, gibt es Alarm. „Zusätzlich werden einmal am Tag überall Wasserproben per Hand genommen“, berichtet Matthias Waurick.

Wenige Schritte entfernt – hinter runden Tischen und der Theke verborgen – befindet sich die Küche. Dort riecht es trotz der frühen Stunde schon würzig. Frank Neuhaus schüttet gerade Kräuter aus großen Gläsern über sechs Stück Butter, die in einer Schüssel liegen. Unter anderem Estragon, Kerbel und Kurkuma. Auch Zitronensaft und Salz kommen dazu. Die Kräuterbutter wird später zum Beispiel zu Steaks serviert. Damit die Badegäste nicht zu lange auf ihr Essen warten müssen, sind der Küchenchef und sein Team ab 6 Uhr im Einsatz, schälen Kartoffeln, kochen Soßen, nehmen frische Ware an.

Richtige Ruhe herrscht in der Körse-Therme nie. Auch nicht, wenn der letzte Gast gegangen ist, was freitags und sonnabends erst 23 Uhr passiert. Denn da ist schon wieder die Nachtschicht der Reinigungskräfte dabei, die Spuren eines langen Badetages zu beseitigen.